Das Finale der Chmapions-League 2018 findet im Olympiastadion von Kiew statt. Gestern verkündete das Exekutivkomitee der UEFA in Athen die Entscheidung die Austragung des größten europäischen Spiels auf Vereinsebene in die Ukraine zu vergeben. Eine sportpolitische Entscheidung, die viel über die Verstrickungen des Fußballs mit der Weltpolitik aussagt.
Das Olympiastadion in Kiew ist unweigerlich ein gebührender Rahmen für das Finale der Königsklasse. Mit 70.050 Plätzen und modernen technischen Anlagen, die die mediale Vermarktung ermöglichen, erfüllt es alle Kriterien, die entsprechend den Statuten der UEFA das Stadion zu einer „Fünf-Sterne-Arena“ werden lassen. Von diesen sogenannten „Fünf-Sterne-Arenen“ gibt es in Eropa derzeit 27 Sportstätten, die sowohl die Kapazitäten als auch die Infrastruktur für die große Bühne aufweisen. Die Auswahl ist folglich zwar eingeschränkt, aber es gibt immer noch genug Spielraum, um die Sportpolitik im Einklang mit den nationalen und internationalen Interessen walten zu lassen.
Und so darf Kiew erstmals in der Geschichte des europäischen Landesmeisterpokals ein Finale der Champions-League austragen und dies ausgerechnet nur wenige Wochen bevor der Fokus der Fußballwelt zur Weltmeisterschaft nach Russland wandert. Nur Zufall? Mitnichten. Der russisch-ukrainische Konflikt um die Krim und die Donbass-Region, der seit über zwei Jahren bewaffnet ausgetragen wird, ist dabei vor allem auch ein diplomatisch heißes Eisen zwischen Russland und der Europäischen Union. Militärische Interventionen, wirtschaftliche Sanktionen und politische Agitation gehören spätestens seit der Annexion der ehemals ukrainischen Halbinsel Krim durch russische Streitkräfte und pro-russische Seperatisten zur Tagesordnung in der Ukraine.
Auch auf das Fußballgeschäft wirkt sich der Konflikt seither aus. Der Spielbetrieb der ukrainischen Fußballliga ist fast gänzlich in die West-Ukraine verlegt worden.Die Mannschaften der Ost-Ukraine, von denen Schachtjor Donezk wohl den größen Bekanntheitsgrad haben dürfte, spielen seitdem im fußballerischen Exil wie unter anderem Charkiw um Punkte in der ukrainischen Liga. Zudem werden internationale Aufeinandertreffen russischer und ukrainischer Vereine bewusst vermieden, so dass die Lostöpfe entsprechend angepasst werden. Darüber hinaus gab der ukrainische Fußballverband letzte Woche bekannt, die Weltmeisterschaft in Russland boykottieren zu wollen. Der Fußball als nationales Aushängeschild ist eben nicht unpolitisch, wie viele Fankulturen es sich wünschen würden. Er ist Teil der internationalen Aufmerksamkeit und damit per se politisch. Dementsprechend ist es auch eine hochgradig politische Entscheidung Kiew als Austragungsort des Champions-League-Finals zu bestimmen – vor allem im Jahr einer Weltmeisterschaft in Russland, die wie jede sportliche Großveranstaltung auch eine politische Inszenierung sein wird.
Wirtschaftliche Verwertungsinteressen, politische Abwägungen, mediale Inszenierungen. Diese Parameter erscheinen heutzutage wichtiger als sportkulturelle Belange. Nichtsdestotrotz wird auch das Kiewer Olympiastadion zum Finale der Champions-League 2018 wiederum ein Feuerwerk des Spitzensports beherbergen. Im Flutlicht der Vorzeige-Arena wird dann wieder die große weite Fußballwelt ihre Aufwartung machen und offiziell versuchen zur Befriedung des Konflikts beizutragen. Jedoch ist zu erwarten, dass die Austragung des europäsichen Finals eher als Spiegelbild einer entrückten Welt taugt angesichts der – höchstwahrscheinlich – bis dahin zunehmenden Verschärfung der Lebensbedingungen in der Ukraine. Der europäische Fußballtross und seine medialen Begleiter werden nach dem Finale sich Richtung Moskau aufmachen, um dort die nächste Großveranstaltung vorzubereiten. Es ist zu hoffen, dass mit der internationalen Aufmerksamkeit auch diplomatisch Bewegung in die verhärteten Fronten kommt.
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