von Björn Leffler
Für den durchschnittlichen europäischen Fußballfan ist die Sache einfach. Es gibt den Liga-Alltag, und es gibt den Pokal-Wettbewerb. Der Liga-Alltag erlaubt Unentschieden, im Pokal-Wettbewerb heißt es gewinnen oder verlieren. Gut, die Ausnahme bildet England, wo man sich noch immer mit dem Modus der Wiederholungsspiele herumstreitet. Aber die Briten fahren auch auf der linken Seite und machen sich Milch in ihren Tee.
Doch selbst bei den so wundersamen Briten gibt es eine feste Trennung zwischen Liga- und Pokalwettbewerb. Den Amerikanern noch das System eines Wettbewerbs zu erklären, an dem Profi- sowie auch Amateurteams teilnehmen dürfen, sollte man vielleicht gar nicht erst versuchen. Don’t make it too complicated!
Eiserne, unumstößliche Regel des europäischen Ligabetriebs jedoch ist: Wer am Ende einer Saison am oberen Ende der Tabelle steht, ist – meist völlig zurecht, da über einen langen Zeitraum überaus erfolgreich spielend – Landesmeister. Die Vielzahl der Spiele soll in diesem System „Jeder-gegen-Jeden“ garantieren, dass sich letztlich die wirklich beste Mannschaft der Spielklasse durchsetzt. Dieses Prinzip wird von der ersten Profiliga bis zur alleruntersten Amateurklasse stringent durchgezogen, in so ziemlich allen europäischen Ländern. Relegationen mal ausgenommen.
Für den durchschnittlichen US-amerikanischen Sportfan ist die Sache ebenfalls einfach. Die Mannschaften spielen während der Saison um die Teilnahme an den Playoffs. Unentschieden gibt es nicht (…und das ist völlig unabhängig davon, ob wir von Football, Basketball, Baseball oder Eishockey sprechen). Es wird immer ein Sieger ermittelt, entweder in der Overtime, in der Extratime oder im Penalty-Schießen. Denn der Amerikaner an sich hasst Unentschieden.
Die Krönung einer jeden Saison ist für den Amerikaner aber nicht der letzte Spieltag, sondern der Beginn der Playoff-Spiele. Dann geht es erst wirklich hart auf hart. Was bisher war? Zählt nicht! Dein Team führt die Liga mit 15 Punkten Vorsprung an? Egal! Jetzt heißt es, Eier zeigen und das Gewinnergen ausrollen. Alles ist möglich, jeder kann jeden schlagen. In ausgiebigen Serien (Best of Five, Best of Seven) bekriegen und bekämpfen sich die Teams in ihren Sportarten, als gäbe es kein Morgen. Und die Zuschauer lieben es, vor allem die am TV, die sich an dramatischen Entscheidungen im Tagestakt – derer Sportarten gibt es ja einige – gar nicht sattsehen können.
Wenn man einem amerikanischen Sportfan dann erzählt, dass es in Europa möglich ist, dass der Meister der obersten Liga bereits mehrere Spieltage vor Schluss feststeht, würde ihm vor Entgeisterung wohl der Chicken Wing aus der Hand fallen. Ob das derzeitige Modell Bundesliga – Bayern ist nach zwölf Spieltagen quasi durch, der Rest spielt um die Plätze 2 bis 18 – in den U.S.A. überhaupt konkurrenzfähig wäre, muss stark bezweifelt werden! Auch, dass man sich mit einem Unentschieden am letzten Spieltag den Titel sichern kann, ist aus nordamerikanischer Sicht nicht einmal ansatzweise verständlich.
Aber auf der anderen Seite rollen sich sofort alle Fußnägel eines jeden europäischen Fußball-Anhängers hoch, wenn er hört, dass es im Anschluss an die Liga noch ein K.O.-Turnier um die Meisterschaft geben soll. All die Arbeit der Saison umsonst, die Tabellenführung – null und nichtig. Alles hängt am Ende vielleicht von einem Spiel, einem Schuss, gar womöglich einer Fehlentscheidung ab? Nein! Dafür gibt es doch den Pokal! Da dürfen sich die Anhänger des anarchistischen Saisonverlaufs doch austoben und ihren Spaß haben. Da dürfen, ja sollen, die Favoriten straucheln und stürzen, können die Kleinen aufmüpfig werden.
Aber doch nicht in der gepflegten, sachlich-traditionierten Liga, bitte. Bitte!
Aber stellen wir uns doch einfach mal vor, dem wäre so. Die DFL käme auf die Idee, dass selbst Montagsspiele sowie Auf- und Abstiegsrelegationen nicht mehr den gewünschten finanziellen Eintrag in die Kassen spülten. Die DFL würde eine „Runde der letzten Acht“ am Ende der Saison einführen, ein Kampf um die Meisterschaft im K.O.-Modus.
Getreu dem amerikanischen Modell würde der Tabellenführer zuerst auf den Tabellenachten treffen, damit die bisherige Leistung dann doch in irgend einer Form gewürdigt würde. In Hin- und Rückspiel würde – nach europäischer Auswärtstor-Regelung natürlich, ein bisschen Tradition muss sein – in insgesamt 13 Spielen (viermal Viertelfinale, zweimal Halbfinale und ein Endspiel) der Deutsche Meister ausgespielt.
13 zusätzlich zu vermarktende Spiele. Und was wäre das für ein Spektakel! Die ganze Republik würde sabbernd und schwitzend am Fernseher, vor den Radios oder in den Kneipen sitzen. Und natürlich in randvollen Stadien. In den Chefetagen der DFL lockert man sich beim Lesen dieser Zeilen vermutlich gerade den Krawattenknoten und tippt mit vor Erregung zitternden Fingern erste Kalkulationen in den Taschenrechner ein.
Aber gut, tun wir den Herren aus der Chefetage doch mal den Gefallen und spielen das einmal durch, und zwar anhand der Bundesliga-Abschlusstabelle der vergangenen Saison. Folgende Play-Off-Paarungen wären also angesetzt:
Die Playoff-Viertelfinals
TSG Hoffenheim – Bayern München
Borussia Dortmund – VfL Wolfsburg
Schalke 04 – Borussia Mönchengladbach
FC Augsburg – Bayer Leverkusen
TSG Hoffenheim – Bayern München
Die Hoffenheimer igelten sich von der ersten bis zur letzten Minute des Hinspiels in der eigenen Hälfte ein, und die Bayern rannten an. Erfolglos jedoch, so dass es mit einem 0:0 aus dem Hinspiel ins Rückspiel ging. Vor dem Rückspiel verbreitete Hoffenheim-Trainer Gwisdol bei den Kollegen von SKY noch Optimismus und sprach von „dem einen Ball, der vorn mal reingehen muss“.
Der eine Ball allerdings ließ leider auf sich warten, und so war das Spiel nach zwei frühen Lewandowski-Toren (2., 4.) schnell entschieden. Die Bayern rollten mit 8:0 über die bemitleidenswerten Kraichgauer hinweg und ließen den Gegner anschließend flachgewalzt auf dem Platz liegen.
Borussia Dortmund – VfL Wolfsburg
Die Borussia, trotz einer desolaten Hinrunde noch mit ach und krach in die Playoffs gerutscht, fühlte sich gegen die bärenstarken Wolfsburger in ihrer Außenseiterrolle sichtlich wohl. Jürgen Klopp witterte die vage Chance, zum Abschied doch nochmal die Schale an den Borsigplatz zu holen.
Und so begannen die Dortmunder im Hinspiel vor über 80.000 fanatischen Schwarzgelben wie die Feuerwehr. Reus und Aubameyang machten zwei schnelle Tore und damit den 2:0-Halbzeitstand perfekt. In der Pause hatte Hecking seiner Truppe dann offenbar derartig die Meinung gegeigt, dass nach dem Wechsel die Mannschaft des VfL die Dortmunder zunehmend am eigenen Strafraum einschnürte. Mehr als ein Rodriguez-Treffer in der 73. Minute sollte den VW-lern allerdings nicht gelingen, und so fuhren die Dortmuner mit einem knappen Vorsprung zum Playoff-Rückspiel in die Autostadt.
Dort lief erst alles nach Plan für die Borussen, Schmelzer brachte die Dortmunder nach einem Gewühl im Strafraum mit 1:0 in Führung. Kloppo misshandelte mit seinen mahlenden Kauwerkzeugen eine der vier Eckfahnen, in freudiger Erregung. Dann jedoch die dramatische Wendung, in der zweiten Hälfte drehten die Wolfsburger die Partie und netzten dreimal ein. Halbfinale.
Dachten alle. Dann aber kam der unvermeidliche Neven Subotic, als die Borussia in der 97. Minute der Nachspielzeit alles nach vorne warf, was ein Trikot anhatte (Klopp und Zorc hielt es nur mit Mühe außerhalb des Spielfeldes). Neven schädelte eine scharf hereingetretene Ecke unhaltbar ins lange Eck, 2:3. Halbfinale. Und zwar für die Borussia. Klopp sprang beim Torjubel in Dieter Hecking hinein und brach diesem das Becken. Aber gut, Schwund ist überall.
Schalke 04 – Borussia Mönchengladbach
Das hitzige Niederrhein-Westfalen-Duell erstreckte sich über 210 dramatische Fußballminuten. Die Gladbacher sahen nach der ersten Hälfte des Hinspiels auf Schalke schon wie die klaren Sieger aus, nach zwei herrlichen Raffael-Toren führte die Fohlen-Elf verdient mit 2:0. In der zweiten Hälfte jedoch konnten die Knappen durch zwei Standardsituationen spät zum 2:2 ausgleichen. Alles war offen, herrliche Playoff-Welt.
Im Rückspiel im bereits vor der Partie bebenden Borussia-Park zeigte sich über weite Strecken ein ähnliches Bild, nur dass der anrennenden Borussia das Tor nicht gelingen wollte. Zwei Pfostenschüsse und ein Lattenkracher rettete den Schalkern das 0:0, ehe Huntelaar kurz vor der Pause nach einem Abwehrfehler der Grünweißschwarzen glücklich zum 1:0 für die Blauen einschieben konnte.
Während ganz Gelsenkirchen bereits im königsblauen Siegestaumel versank, schlug Mönchengladbach in der zweiten Hälfte zurück und drehte das Spiel. Ein Verzweiflungsschuss in der 66. Minute von André Hahn fand seinen Weg durch Freund und Feind hindurch ins Netz, und nur drei Minute später grätschte Max Kruse in eine Traoré-Flanke und stellte die statischen Gegebenheiten des Borussia Parks vor hohe Herausforderungen. Eine Horde angreifender Hunnen wäre nichts gewesen gegen die 50.000 Gladbacher, die in diesem Moment des frenetischen Überschwangs bereits die Meisterschale in den Augen hatten.
Allerdings nur für zehn Minuten. Dann zeigte Schiedsrichter Knut Kircher nach einem lächerlichen Rempler an Sané plötzlich auf den Punkt, und Huntelaar verwandelte sicher zum 2:2. Verlängerung.
In der Verlängerung waren wieder die Gladbacher am Drücker, aber Fährmann im Tor der Schalker erlebte einen Sahnetag und hatte zudem ein weiteres Mal Glück, als eine Kruse-Hereingabe von Kramer nur an den Innenpfosten verlängert wurde, von wo aus der Ball zurück in Fährmanns Arme sprang. Ein ganzes Stadion schlug sich kollektiv die flachen Hände auf die tief gerunzelten Stirnen. Fünfzigtausendfach machte es „KLATSCH!“
Als alle sich bereits auf das unvermeidliche Elfmeterschießen einstellten, kam der brutale Stich ins Herz der Borussia: Joel Matip trieb den Ball durchs Mittelfeld und fasste sich rund 30 Meter vor dem gegnerischen Kasten ein Herz und zog einfach mal ab. Das lange Bein von Verteidiger Wendt fälschte den Schuss, der meilenweit das Tor verfehlt hätte, unhaltbar zum 2:3 ab. Das Aus für die starken Gladbacher.
Während in Gelsenkirchen an diesem Abend die Bierreserven bis auf die letzte Plastikflasche leergelitert wurden und eine spontane, blauweiße Siegespolonaise die A 42 für mehrere Stunden lahmlegte, wurde es 85 Kilometer weiter sehr schnell still in der Innenstadt von Mönchengladbach.
Vereinzelt sichtete man Menschen, die am alten Bökelberg-Gelände ausharrten und still weinten.
FC Augsburg – Bayer Leverkusen
Die Fuggerstädter zeigten, was sie die gesamte Saison über gezeigt hatten: ein kompaktes Mannschaftsgefüge und gefährliche Angriffskombinationen, allerdings ohne bereits im Hinspiel vollends aus der Deckung zu kommen. Auch die Leverkusener zeigten einen äußerst verhaltenen Auftritt, und so endete das Hinspiel in Bayern unspektakulär 0:0.
Im Rückspiel in der BayArena hatten beide Teams den Respekt voreinander noch immer nicht abgelegt, so dass es bis zur 73. Minute dauerte, bis endlich Wallung in dieses Duell kam. Erst setzte Hakan Calhanoglu einen seiner gefürchteten Freistöße ans Lattenkreuz der Augsburger, und im direkten Gegenzug gelang Bobadilla das entscheidende Tor zum 1:0. Den Leverkusern glückte in der 87. Minute zwar noch der Ausgleich zum 1:1 durch Kießling, viel mehr konnten sie gegen die kompakten Augsburger aber nicht mehr ausrichten, und so versagten ihnen wieder einmal die Nerven in einem entscheidenden Spiel. Der FCA erreichte sensationell das Play-Off-Halbfinale. Manager Stefan Reuter würgte Trainer Weinzierl überschwänglich, bis diesem die Luft wegblieb und er ohnmächtig zusammensackte.
Die Playoff-Halbfinals
Borussia Dortmund – Bayern München
FC Augsburg – Schalke 04
Borussia Dortmund – Bayern München
Für das Hinspiel in Dortmund hätten nach Angaben des Vereins über 500.000 Tickets verkauft werden können. Die Stadt war im Ausnahmezustand. Auch jene, die kein Ticket ergattert hatten, fanden sich zum gemeinsamen Fußballerlebnis in der Stadt ein. Friedensplatz, Borsigplatz, Bahnhofsvorplatz – die Stadt war eine einzige Ansammlung von Großveranstaltungen. Vorsichtige Schätzungen gingen von rund 700.000 Besuchern an diesem Tag in Dortmund aus.
Die elektrisierende Stimmung übertrug sich auf den Rasen des vibrierenden Signal Iduna Park, und ein denkwürdiges Spiel ging in die Geschichte der Bundesliga-Playoffs ein. Am Ende von 90 (be-)rauschenden Minuten stand ein 4:2 der Borussia, das den Verantwortlichen des FC Bayern die Schreckenskälte ins Gesicht trieb. Robben war kurz vor Schluss wieder einmal vom Elfmeterpunkt gescheitert, und Neven Subotic konnte nur mit Mühe daran gehindert werden, ihm anschließend den Kopf abzubeißen.
Im Rückspiel drei Tage später in der Münchner Allianz Arena war das Stadion in ein rotweißes Meer aus 75.000 Papptafeln getaucht. Über drei Tribünen formten die Fans die Worte „Pack Ma’s!“. Die Weißwurstmafia war bereit, brutal zurückzuschlagen.
Und die Bayern legten los wie die Feuerwehr und schnürten die Dortmunder mit allem ein, was sie hatten. Manuel Neuer verbrachte überhaupt nur wenige Momente der ersten Halbzeit in der eigenen Hälfte. Er spielte wieder Manu der Libero.
Trotzdem stand es zur Pause 0:0, und kurz nach dem Wechsel unterlief Manu dann ein folgenschwerer Patzer. Ein Ball, den er lang klären wollte, klatschte gegen die Hüfte des heraneilenden Aubameyang und von dort zurück ins rotweiß benetzte Tor zum 0:1. Während die Dortmunder Bank einen spontanen Platzsturm hinlegte und Klopp für Minuten unter der Grasnarbe verschwand, standen Mario Götze spontan die Tränen in den traurigen Rehaugen.
Ein weiterer Sturmlauf der Bajuwaren begann, aber humorloser als jeder Verkehrspolizist bügelten die Borussen jede noch so winzige Möglichkeit aus und mauerten sich – zwei Platzverweise inklusive – mit diesem Resultat italienischer als jede italienische Catenaccio-Truppe ins Finale um die Schale.
In München war nach dem Abpfiff nur Leere. Lahm saß, der Blick in die Ferne schweifend, im Mittelkreis. Schweinsteiger gab später an, dass dieses Spiel ausschlaggebend für seinen späteren Wechsel nach Manchester war. Und in Dortmund… es zu beschreiben wäre der erste Versuch des Scheiterns. Nur so viel sei gesagt: Eine beträchtliche Zahl der Besucher schaffte es später nicht, bis zum Finale in Berlin wieder nüchtern zu werden.
FC Augsburg – Schalke 04
So spektakulär das erste Halbfinale war, so ereignislos war das zweite. Erneut grätschten und arbeiteten sich die Augsburger durch 90 unsagbar zähe Minuten und ermauerten sich ein weiteres Hinspiel-0:0 gegen eine Schalker Mannschaft, die ebenfalls nicht viel Aufwand betrieb und auf das Rückspiel setzte.
Im Rückspiel, bei geschlossenem Dach in Gelsenkirchens Turnhalle, schien es zunächst ebenfalls so, als könnten sich die Augsburger mit kompaktem Funktionsfußball ins Spiel kämpfen, allerdings machte ein Kopfballtor von Benedikt Höwedes kurz vor der Pause alle Pläne der Fuggerstädter zunichte.
In der zweiten Hälfte merkte man den Bayern den enormen Kraftverlust über die sich mittlerweile in der Verlängerung befindende Saison an, sie konnten wenig zusetzen. Kurz vor Schluss gelang den Schalkern durch ein Kontertor das 2:0, der Finaleinzug war perfekt.
Und es war ein traumhaftes Finale. Lüdenscheid-Nord gegen Herne-West. Der feuchte Fußballtraum jedes Ruhrgebietlers war wahr geworden.
Das Playoff-Finale: Borussia Dortmund – Schalke 04
Zum Finale im mit 74.500 Zuschauern ausverkauften Berliner Olympiastadion hatte die DFL mal wieder alles aufgetischt, was Glanz, Rang und Namen hatte: Helene Fischer trällerte acapella die deutsche Nationalhymne, flankiert von einem 75-köpfigen Flüchtlingschor. Die Bundeswehr jagte acht Tornados über die Arena und ließ schwarz-rot-goldene Rachschwaden in den Berliner Abendhimmel steigen.
Zum Einlauf der Teams wurden ganze Stalin-Orgeln an Pyrotechnik vom Dach des Olympiastadions gebrettert, während die Scorpions live irgend einen ihrer vermeintlichen Hits zum Besten gaben. Die Rebuplik saß vor’m Fernseher und konnte sich vor Spannung kaum mehr halten. Play-Off-Finale, endlich endlich endlich. Der deutsche Super Bowl. Ach quatsch, vergiss den Super Bowl! Das hier war die BUN.DES.LIGA.!
Das Spiel allerdings war dann eher Kreisklasse West. Die beiden Erzrivalen blutgrätschten und leberhakten sich durch die 90 Minuten, als hätten sie von gelben Karten und Platzverweisen noch nie etwas gehört. Auch am Spielfeldrand ging es zwischen den verfeindeten Ersatzbänken eher blutig als respektvoll zur Sache. Ohne eine einzige wirklich Torchance ging es nach zwei torlosen aber dafür umso unsportlicheren Halbzeiten mit 18 verbliebenen Kickern in die Verlängerung. Wenn jemals ein Spiel nur von der Spannung gelebt hatte, dann dieses.
Die Entscheidung brachte dann – natürlich – ein Foul. In der 112. Minute senste ausgerechnet Höwedes ausgerechnet seinen Nationalmannschafts-Buddy Mats Hummels ausgerechnet im Strafraum um und brach ihm dabei Schien- und Wadenbein. Den fälligen Eflmeter verwandelte Marco Reus völlig unbeeindruckt, als würde er Schienbeinbrüche jeden Tag im Training mitbekommen. Hauptsache drin das Ding!
Nach dem Abfiff wollten die Dortmunder den Platz stürmen, wurden allerdings von den Odnern der DFL rüde zurückgetrieben, da diese das Podest für die Siegerehrung in Windeseile aufzubauen versuchten. Nach einigem Getümmel und etwas Zeitverzögerung – einige Schalker und Dortmunder Spieler ließen sich noch in das ein oder andere Scharmützel verwickeln – kam es dann doch noch zur glamourösen Siegerehrung. Die Schalker wurden bei der Vergabe der Silbermedaille brutal (von den Dortmundern ) ausgepfiffen, ebenso die Schiedsrichter (von allen) und der letztlich gekürte neue Deutsche Meister (von den Schalkern).
Ein Finale der Herzlichkeiten.
Als Matz Hummels nach einem Abend, der mehr Werbung für den Nahkampfsport denn für den Fußball war, endlich die begehrte Meisterschale in den Abendhimmel recken konnte, wurden die jubelnden Dortmunder unter einem Meer von goldenem Konfetti begraben. Als erstem gelang es schließlich Jürgen Klopp, sich aus den Konfettibergen freizuschwimmen und zu den Reportern durchzukämpfen. Als ihm die ersten Mikrofone ins bärtige Gesicht gehalten wurden, stammelte er, mit Schweiß, Blut und Alkohol beschmiert:
„Ich fand’s geil!“
Schreibe einen Kommentar