Wir haben Euch ja bereits in unserer Winterpausen-Serie „Filme für die fußballfreie Zeit“ einige großartige Fußballfilme ans Herz gelegt, die meisten davon waren dokumentarischer Natur. Und es gibt natürlich bereits einige wundervolle Dokumentationen über die schönste Nebensache der Welt.
Ob das „The Other Final“, „Das Leben ist ein Hauch“ oder „Junge Profis auf dem Weg ins Spiel!“ ist – die Anzahl der Filme über Fußball ist manigfaltig. Darum soll es hier und heute aber nicht gehen.
Thema unserer kleinen Wunschliste sind Dokumentationen, die es bislang noch nicht gegeben hat, von denen wir uns aber einen hohen Unterhaltungs- und Informationsgewinn versprechen.
Hier sind also unsere drei absolut ernst gemeinten Vorschläge:
1 – Uli H. – Geschichte(n) eines Freigängers
Diese eindringliche Dokumentation über die Haftzeit des millionenschweren Ex-Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß zeigt uns noch einmal die Verurteilung im Münchner Landgericht, den Beginn der Haftzeit, die langen Tage und Nächte in der Enge des Gefängnislebens und den Neustart zurück ins Leben des einst hochgeschätzten Managers.
Gedreht in kontrastreichen Schwarz-Weiß-Bildern zeigt dieser Film in häufig langen, stillen Sequenzen den buchstäblich grauen Alltag der Insassen der JVA Landsberg. Hoeneß, der sich während seiner Zeit in der JVA zum Leiter der Gefängnisbibliothek hocharbeitet, wird als geläuterter Mann aus der Haftzeit zurückkehren.
In langen Interview-Sequenzen sehen wir den einst als Lautsprecher und Moralapostel auftretenden Welt- und Europameister Hoeneß, wie er sich selbst und sein Handeln kritisch reflektiert und dabei nicht selten mit der ein oder anderen Krokodilsträne kämpfen muss.
Immer wieder wird der stille, ernste Hoeneß, den der Zuschauer während der Haftzeit kennenlernt, mit seinen markigen Parolen aus der Zeit vor der Inhaftierung konfrontiert. So wird noch einmal ein Ausschnitt aus der letzten Bayern-Mitgliederversammlung gezeigt, als Uli gewohnt angriffslustig in den Saal rief: „Und wenn ich wieder rauskomm‘, dann geht’s weiter! Das war’s noch nicht!“
Wir sehen Uli Hoeneß, wie er sich, selbst kopfschüttelnd, auf einem kleinen Monitor betrachtet und sich offenbar nicht wiederzuerkennen scheint. Er sieht einen Mann in einer Welt, die in den engen Mauern der JVA weiter entfernt scheint als er sich je hätte vorstellen können.
Dann sortiert er wieder Bücher ein. Still, ruhig, geduldig.
2 – Die Koks-Netzwerke des Christoph Daum
In einer atemberaubend spannenden Dokumentation geht Regisseur und Produzent Sönke Ortmann den kriminellen und gleichermaßen selbstzerstörerischen Machenschaften von Christoph Daum nach und taucht tief ein in die Geschichte eines Mannes, der seit Ende der 80er Jahre den Ritt auf der Rasierklinge beherrschte wie kaum ein Zweiter.
Ortmann zeigt auf, wo Daum sich seine Dosen besorgte, wie er sie sich kurz vor Spielbeginn in den Riechkolben jagte und wen er noch damit versorgte. Und wir erfahren, wer jahrelang schwieg, um nicht selbst aufzufliegen. Ortmann schont in seinem Werk nichts und niemanden und bringt die Fußballwelt ordentlich ins Wanken.
Dem Zuschauer gehen beim Betrachten dieses Meisterwerks mehrere Lichter auf. Unter anderem, wenn Ortmann schlüssig herleitet, dass Daums historischer Wechselfehler im Champions-League-Qualifikationsspiel gegen Leeds United auf eine Überdosis zurückzuführen ist, die er sich kurz vor dem Rückspiel von einer Toilettenbrille des Gottlieb-Daimler-Stadions gezogen hatte.
Anfangs- und Schluss-Sequenz dieses extrem kurzweiligen Films ist die längst legendäre Pressekonferenz von Daum, in der er den einen Satz sagt, der bis ans Ende seiner Tage an ihm haften wird: „Ich tue dies, weil ich ein absolut reines Gewissen habe!“
3 – Traumjob Flitzer – Aus dem Leben eines Exhibitionisten
Nicky Naked, seines Zeichens bekanntester Flitzer der Welt, hat in seiner kleiderlosen Karriere so ziemlich alles erreicht, was man erreichen kann. Er hat die Endspiele von Fußball-Welt- und Europmeisterschaften gestört, ist nackt über die Rasenplätze von Champions- und Europa-League-Finals gesprintet und hat kaum ein europäisches Stadion von Rang ausgelassen, um seinen Schniedel in die Kameras der Weltöffentlichkeit zu halten.
Dieses vielschichtige Portrait von Debut-Regisseurin Olivia Jones zeigt den Mann hinter dem Flitzer, den die ganze Welt kennt. Es zeigt eine Persönlichkeit, die verletzlich, sensibel und im Privaten eher schüchtern ist. Und es zeigt die Durststrecken, die Naked durchleben muss, wenn er schon mehrere Wochen oder Monate nicht mehr nackt über ein Feld tollen und seinen blanken Allerwertesten in eine Kamera-Linse halten konnte.
So sehen wir ihn, wie er plötzlich an der Fleischtheke blank zieht oder bei der Abgabe eines Pakets in der Post seinen Trenchcoat öffnet und anschließend von der lokalen Polizei abgeführt wird, während er wütend schreit „You just don’t fuckin‘ understand me…!“
Ein brandaktuelles Bio-Pic, welches beim Zuschauer noch lange nachwirken wird, und dies nicht nur aufgrund der expliziten Darstellung von Nicky Nakeds Genitalbereich.
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