Die britische Bevölkerung und dabei insbesondere der englische Anteil entschied letzten Donnerstag mehrheitlich, aus der Europäischen Union auszusteigen. Die Isländer nahmen diese Entscheidung nun sportlich und verabschiedete mit einem lautstarken HUH ! die Engländer nun auch von der EURO 2016. Neben dieser kleinen aufmüpfigen Sensation sorgte am gestrigen Montag insbesondere der Rücktritt von Lionel Messi für globale Aufregung. Nun stellt sich die Frage, wer als erster den Rücktritt vom Rücktritt verkündet.
Viertelfinalson! Island verweigerte sich gestern abend als Kanonenfutter für die Three Lions und verschaffte den Engländern ein weiteres traumatisches Erlebnis als zusätzlichen Grund sich erstmal auf den Landsitz zu verziehen und die Teatime ins Unendliche zu verlängern.
Wäre nicht schon die staatspolitische Krise, die durh das erfolgreiche BREXIT-Referendum, fundamental genug, hat nun die Mannschaft um Wayne Rooney der englische Tristesse-Woche nun auch noch eine sportliche Komponente hinzugefügt. Durch die sozialen Medien geistert jedenfalls Hohn und Spott ob des doppelten BREXITs von den großen europäischen Bühnen. „The Sun“ berichtete es gebe lediglich drei Konstanten im Leben der britischen Bevölkerung: den Tod, die Steuern und das blamable Abschneiden der englischen Nationalelf bei großen Turnieren. Dieser Analyse folgend war der Abschied der Engländer von der EURO eher einkalkuliert als der initiierte Abschied der Briten von der Europäischen Union. Nachdem der Premierminister David Cameron in Reaktion auf die politische Enttäuschung am letzten Freitag seinen Hut nahm, saß gestern abend der Trainer Roy Hodgson vor der versammelten Presse und verkündete ebenfalls seinen Rücktritt mit Verweis darauf, dass jemand anderes nun das Ruder übernehmen müsse. Ein weiterer Rücktritt vom 27.06.2016 war hingegen für die fußballaffinen Bevölkerungsteile der Welt von größerer Bedeutung:
Lionel Messis verkündete impulsiv infolge einer wiederholten Ernüchterung einer weiteren Finalniederlage seinen Abschied (despedida) aus der argentinischen Nationalmannschaft, womit er ein ganzes Land, das ohnehin schon als leicht melancholisch-depressiv wahrgenommen wird, in noch größere Selbstzweifel. Er zog seine Konsequenzen aus einem verschossenen Elfmeter und anhaltender Titellosigkeit mit der argentinischen „Albiceleste“. Seine außerordentliche fußballerische Klasse verhalf der Auswahl Argentiniens im letzten Jahrzehnt zu Leistungen auf konstant hohen Niveau und mehreren Finalteilnahmen bei der Copa America sowie einer weiteren Finalteilnahme bei der WM 2014. Nichtsdestotrotz sprang außer Spesen und ein paar Silber-Medaillen nichts Relevantes dabei heraus. Für den erfolgsverwöhnten Messi, der auf Vereinsebene und als individueller Spieler wiederholt alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt, wirkt also das Engagement für die Nationalmannschaft wie vergebene Liebesmüh. Nun möchte er das Feld räumen, da er sich selbst als den Pechvogel ausgemacht hat. Wenn Lionel Messi Cristiano Ronaldo wäre, könnte man meinen, er wolle lediglich austesten, wie sehr die Liebe der Nation zu ihm in Bahnen kanalisiert werden kann. Eine solche Handlungsweise lässt sich dem eher bescheiden wirkenden Messi eher nicht zutrauen – jedoch folgen unweigerlich die Reaktionen der politischen und gesellschaftlichen Größen Argentiniens, um den wertvollsten aller Söhne wieder zurückzuholen. Der kürzlich zum argentinischen Staatspräsidenten ernannte Mauricio Macri forderte den argentinischen Nationalhelden Lionel Messi auf, seine Entscheidung nochmals zu überdenken. Im Einklang damit schaltete sich auch der heilige Diego Armando Maradona in die Debatte ein und betonte, dass „Messi in der Nationalelf weitermachen müsse“. Es sei undenkbar ohne ihn die WM- Endrunde in Russland zu bestreiten.
Während also Messi Avancen gemacht werden, seinen Rücktritt vom Rücktritt zu vollziehen, wird den Briten nun von der Europäischen Gemeinschaft ans Herz gelegt, den Rückzug schnellstmöglich zu vollziehen. Eine politische Hängepartie würde dem europäischen Gedanken schaden und dementsprechend die Integrationskraft der Union in Frage stellen. Lediglich ein innenpolitisch ausgehandeltes Gegen-Referendum in Großbritannien kann da wohl nur noch entgegensteuern. Die politischen Folgen hierfür wären aufgrund des drohenden Zuverlässigkeitsverlust demokratischer Prozesse jedoch nur schwerlich einzuschätzen. Die Welt der Politik basiert auf der Verlässlichkeit von Entscheidungen, die wankelmütige und kurzlebige Welt des Fußballs kann mit wandelnden Meinungen und Sinneswandeln gut umgehen. Die Kultur des Comeback wird dabei gehegt und gepflegt als Sinnbild der wahren Leidenschaft, die nur temporär geblendet war.
Spannend bleibt die Frage, welche der erwähnten Parteien früher von ihrem Rücktritt zurücktreten wird. Wird Großbritannien angesichts der politischen Misere Neuwahlen und ein erneutes Referendum ausrufen? Passiert dies bevor Lionel Messi wieder für die argentinische Nationelf die gegnerischen Abwehrreihen entblößt? Oder sind diese Entscheidungen gar unumstößlich und daher unwahrscheinlicher als ein erfolgreiches Abschneiden einer englischen Nationalmannschaft bei einem großen Turnier? Wir blicken gespannt in die Zukunft…
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