Böhmermann, Hasenhüttel, Gündogan, Hummels – der schnöde Mammon regiert überall. Wir aber lassen uns nicht kaufen… ganz ganz großes Indianer-Ehrenwort!
von Björn Leffler
Es ist kaum drei Jahre her, als Jan Böhmermann und Olli Schulz in ihrer sonntäglichen Radiosendung „sanft & sorgfältig“ den Musik-Streamingdeanst spotify unumwunden mit dem Wort „scheiße“ umschrieben haben. Der zur Kultsendung avancierte Zweiertalk der beiden Moderaten und Musiker war insbesondere deshalb so beliebt, weil die beiden Protagonisten kein Blatt vor den Mund zu nehmen schienen und frisch von der Leber pöbelten, motzten und – das war eben besonders charmant – ihre enorm subjektivistische Sichtweise unters Volk brachten, ohne auf mögliche Konsequenzen Rücksicht zu nehmen. Dass das mitunter auch mal schiefgehen kann, musste Jan Böhmermann gerade am eigenen Leibe erfahren. Er würde das so möglicherweise aber gar nicht sehen.
Mit der heutigen Nachricht, dass die Beiden vom öffentlich-rechtlichen Sender RBB zu eben jenem Streaming-Dienst wechseln und dabei, aber das nur nebenbei, deutlich mehr Schotter abgreifen können als bislang, verkehren sich viele ihrer früheren Aussagen ins Paradoxe. Die Plattform spotify, die von Künstlern wie Adele oder Taylor Swift boykottiert wird, da die jeweiligen Künstler von den Erträgen des Streaming-Dienstes fast gar nichts sehen, war von Böhmermann und Schulz aufgrund eben dieser Tatsache so hart kritisiert worden. Der plötzliche Sinneswandel ist denn offensichtlich keiner, der ohne einen nicht unerheblichen finanziellen Bonus zustande gekommen sein muss. Das ist im Grunde so, als würde man regelmäßig über den Axel-Springer-Verlag herziehen und dann zur BILD wechseln, weil der Blick aus dem 17. Stock des Springer-Hauses so schön ist – offiziell natürlich.
Ähnliches kennen wir aus dem Bereich Fußball natürlich genauso, in jedem Jahr hauen die Spielerberater den Vereinen die Gehaltsvorstellungen ihrer Schützlinge nur so um die Ohren, dass es in den Vereinsgremien nur so kracht, und die Medien spielen fröhlich mit. Das sommer- und winterliche Transferfenster ist mittlerweile im Grunde zu einer eigenen Disziplin im Profifußball geworden, neben der normalen Saison und den regelmäßig stattfindenden Turnieren der Nationalmannschaft.
Und dieser Transferwettkampf lässt sich vortrefflich vermarkten, so gibt es auf den zahlreichen Sportplattformen wie KICKER, 11Freunde oder Sport1 einen Liveticker zu allen aktuellen Wechselgerüchten. Die Seite transfermarkt.de hat daraus quasi ein komplettes, wunderbar funktionierendes Geschäftsmodell gemacht, welches der Seite pro Jahr mehrere Millionen Euro Werbeeinnahmen in die Kassen spült. Vor allem in den Ligen, in denen die Meisterschaft bereits frühzeitig entschieden ist, sind mögliche Transfers die deutlich spannenderen Nachrichten als der aktuelle sportliche Wettstreit. Wer sich im Italien-Urlaub zwei- oder dreimal die täglich erscheinende Gazetta dello Sport gekauft hat, weiß in etwa, wovon hier die Rede ist.
In der Bundesliga gibt es natürlich auch in diesem Jahr wieder ein paar Beispiele, die uns zeigen, wie sehr die Verlockungen des Geldes – einhergehend mit größeren sportlichen Herausforderungen, natürlich – alles und jeden in der Branche beherrschen. Allem Anschein nach wird Mats Hummels in diesem Sommer wohl zum FC Bayern München wechseln, Ilkay Gündogan zieht es zu einem finanziell nicht weniger gut ausgestatteten Verein, zu Manchester City. Ralph Hasenhüttl, der mit dem FC Ingolstadt in beeindruckender Art und Weise den Klassenerhalt geschafft hat, lässt sich wohl von den roten Bullen aus Leipzig an die Leine nehmen. Es ist zu vermuten, dass nicht die Aussicht auf Erstligafußball Hasenhüttl nach Sachsen lockt, denn den gäbe es in Ingolstadt ja auch.
Dass die Kleinen die Großen fressen ist selbstverständlich kein Phänomen, welches der Profisport für sich allein gepachtet hat. Seit Anbeginn der Zeit, möchte man sagen, wird die Welt von diesem darwinistischen Urinstinkt beherrscht, gelenkt und getrieben. Wir wollen den Bogen jetzt nicht zu weit spannen, aber wo wir am Anfang bereits kurz den Medienbereich gestriffen haben, wollen wir noch kurz einige Ausführungen dazu vornehmen. Auch in der Medienwelt des Fußballs gibt es natürlich solche Konsolidierungseffekte, die dem an Meinungsvielfalt interessierten Leser nicht gefallen können.
So ist es ja mittlerweile schon zur Normalität geworden, dass ganze Zeitungsgruppen – wie etwa die Funke Mediengruppe mit Titeln wie WAZ, Thüringer Allgemeine und Braunschweiger Zeitung – mit nur einer Zentralredaktion auskommen, die dann dutzende von Titeln mit standardisierten Informationen versorgt. Und auch ein unabhängiges Fußballmagazin wie 11Freunde, welches vor etwas mehr als 15 Jahren mit einem völlig neuen, alternativen redaktionellen Konzept den Markt von unten aufrollte und ihn zwischenzeitlich revolutioniert hat, ließ sich vor ein paar Jahren von einem großen Medienkonzern, Gruner + Jahr nämlich, kaufen. Das führte dann unter anderem dazu, dass mittlerweile auf gefühlt sieben von zehn Ausgaben des „Magazins für Fußballkultur“ die prominentesten Fußballer des Landes abgebildet werden und für die kleinen Themen zwischen dem großen Medienrummel immer weniger Platz ist – obwohl der Titel genau damit einmal groß geworden war. Über zehnseitige Anzeigenstrecken großer Modemarken darf man sich trotz eines stolzen Heftpreises im Übrigen auch nicht mehr wundern.
Wenn also eines Tages die KICKERs, Sport Bilds und 11Freundes an unsere Tür klopfen und uns, mit großen (grünen und lilanen) Euronoten wedelnd, den Kopf verdrehen und das kleine, unabhängige Fußballportal DER PANENKA kaufen wollen, dann werden wir still und ruhig die Herren zur Tür hereinbeten, ein Glas Wasser anbieten und mit einem beherzten Druck auf die Play-Taste unserer 90er-Jahre-Stereoanlage die Sache ein für allemal klar stellen. Das großartige und in Überlautstärke aus den Boxen dröhnende „Bayern“ von den Toten Hosen sollte dann eigentlich unmissverständlich klar machen: Wir lassen uns nicht kaufen!
Also, liebe PANENKA-Leser, wir bleiben unserer Linie treu und posten hier, was uns gerade so in den Sinn kommt und bleiben dabei äußerst subjektiv. Denn irgend jemand muss in diesem Land ja den „Großen“ von Zeit zu Zeit mal auf die Füße treten, und wir können ja nicht alles der FAZ, der Süddeutschen oder der taz überlassen. Wir mischen da weiter fröhlich mit und bewerben uns hiermit ganz offiziell für den nun frei werdenden Platz am Sonntagnachmittag auf Radio1… Wir hätten einiges zu erzählen und würden ganz sicher nicht nach drei Jahren zu spotify wechseln. Und auch nicht zur BILD.
Also, sag ich jetzt mal…
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