War die mangelhafte Einstellung der Spieler der Borussia die Grundlage des Frankfurter Erfolgs am letzten Samstag? Mitnichten – es war einfach Fußball. Die Kritik Thomas Tuchels wirft eher ein schlechtes Licht auf ihn selbst.
Dortmund verliert in Frankfurt. Keine allzu neue Botschaft. Von den letzten sieben Gastspielen des BVB in der Commerzbank-Arena konnten die Borussen lediglich ein Spiel gewinnen. Dies ist inbesondere deswegen beachtlich, weil in dieser Zeit die Dortmunder mit einer Ausnahme zum erlesenen Kreis der Konkurrenzfähigen im Dunstkreis der Bayern zählte, während die Eintracht stetig in den mittleren Regionen der Bundesliga-Tabelle zu finden war. Dabei pendelten sie stets zwischen Abstiegszone und Europapokalplatz. Richtige Konstanz war nie so recht spürbar, wodurch der Eintracht der Ruf des unkalkulierbaren Stadionerlebnisses vorauseilt.
Auffällig innerhalb dieser Pendelbewegungen war nichtsdestotrotz regelmäßig die Heimstärke der Frankfurter, die selbst die Spitzenmannschaften der Liga oft zu spüren bekamen. Auswärts hanebüchen, drückt die Eintracht zuhause gerne mal ihr Spiel durch. Dies bekamen nicht zuletzt des Öfteren die Dortmunder zu spüren. Auch die Bayern und die Leverkusener haben hier schon Punkte gelassen und zwischen Europapokalspielen kleine Ernüchterungen einstecken müssen.
In der aktuell laufenden Saison scheint bei der Eintracht nun einiges zusammenzukommen. Ein griffiges Defensivkonzept, welches in den letzten Jahren eher als Fremdwort der fußballerischen Unterhaltung in Frankfurt galt, steht nunmehr im Einklang mit dem traditionell starken Konterfußball. Die Kovac-Brüder leisten in Frankfurt unbestritten hervorragende Arbeit, wodurch die Lobeshymnen auf die Eintracht eben auch nicht unberechtigt sind. Da verwundert es doch stark, wenn nun der mediale Aufschrei aufgrund der Dortmunder Niederlage in Frankfurt derart massiv abläuft. Wozu werden in der Vorberichterstattung die prägnanten Stärken eines Teams betont, um dann im Nachhinein den Duktus der Sensation zu vollführen? Angesichts der Formstärke und der Heimspielstatistik war der Erfolg der Frankfurter nicht vollkommen überraschend.
Natürlich waren die Borussen ebenso an der Niederlage beteiligt. Vor allem da sie die gute erste Hälfte nicht zu einer spielberuhigenden Führung nutzen konnten. Die Schläfrigkeit nach der Pause und dem Ausgleichstreffer wurde unmittelbar durch die Frankfurter bestraft. Dies erinnerte in seinem Ablauf stark an die Szenerie in Ingolstadt als der Dortmunder Anschlusstreffer direkt mit dem erneuten Ausbau der Führung der Schanzer beantwortet wurde wie auch an das Spiel gegen Legia, als eigene Treffer mit unmittelbaren Gegentreffern beantwortet wurden. Offensichtlich haben sie sich jeweils ihrer Sache zu sicher gefühlt und sind nicht mit voller Konzentration in die Zweikämpfe gegangen, weil sie nur auf den Ballgewinn gewartet haben anstatt diesen zu erzwingen. Hier gilt es offenkundig anzusetzen, um die Konstanz in das Spiel zu bekommen und sich dem Idealtypus der Dominanz anzunähern. Die Spielweise jedoch nun als vollkommen unakzeptabel zu bezeichnen, geht meiner Meinung nach an einer realistischen Betrachtung des Spielverlaufs gegen die Eintracht vorbei. Zwei sinnentleerte Fehler machten die insgesamt befriedigende Leistung der Schwarz-Gelben zunichte. Nicht mehr und nicht weniger. Hinzu kamen noch ein paar unglückliche Situationen, in denen Wolfgang Stark auch gerne mal für die Borussia hätte pfeifen können. Die Fouls von Vallejo an Sokratis in der ersten Halbzeit und von Abraham an Marco Reus in der zweiten waren beide stark elfmeterwürdig. Auch wenn es spekulativ ist: zumindest ein Elfmeterpfiff hätte eventuell geholfen und darüber beschweren hätten sich die Frankfurter auch nicht können. Hierin begründet sich auch die – überzogene – Reaktion der Herren Schmelzer und Castro, nachdem auch das leichte Foul an Aubameyang nicht zum in diesem Fall unberechtigten Elfmeterpfiff führte. Der Spielverlauf hätte vermeintlich eine andere Wendung genommen und die Gazetten wären voll mit Zitaten der neuen Abgebrühtheit der Borussia.
Ein Bärendienst hierfür hat jedoch ausgerechnet Thomas Tuchel höchstpersönlich gesetzt. Seine Fundamentalkritik an der Mannschaft auf der Pressekonferenz zum Spiel stellte die Leistung seines Teams vollkommen unnötig an den Pranger. Insbesondere stößt dabei negativ auf, dass er die mangelnde Einstellung zum Anpfiff der zweiten Halbzeit beklagt. Als das Tor fiel, kam Thomas Tuchel gerade genauso gemütlich aus der Kabine getrottet, wie er es seinen Mannen im Nachhinen vorwirft. Ohne den Frankfurter Videowürfel hätte er nicht mal eine Ahnung von der Entstehung des Tores gehabt. Wer von seinen Spielern Konzentration in jeder Sekunde einfordert, muss an dieser Stelle als gutes Beispiel vorangehen und gerne auch als erster wieder auf den Platz stehen. Dann darf man auch gerne beleidigt sein, wenn die eigene Einstellung sich nicht im Team widerspiegelt. Nun aber die komplette Woche zu kritisieren, geht an der Realität vorbei. Am Dienstag konnte er laut eigenen Aussagen noch gut schlafen und nun soll alles schlecht sein. Mahnungen sind am wirkungsvollsten, wenn man sie azyklisch setzt und sich selbst in dieReflexion mit einbezieht. Das frustierte Poltern bringt letztendlich oftmals keine nachhaltige Verbesserung. Eine Schaumschläger-Attitüde, die diesem hoch talentierten Trainer eigentlich nicht gerecht wird.
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