Das Beste kommt immer zum Schluss. In diesem Sinne schließen wir die kleine Reihe zu den Trainerlegenden der 90er mit König Ottos berühmt berüchtigten Wechselfehler ab. Unvergessen ein tragikomischer Moment der Bundesligageschichte, der alle Komponenten einer großen Inszenierung aufwies: Individuelles Schicksal, herausfordernde politische Rahmenbedingungen und unüberlegte Handlungen, die einer spielerischen Korrektur bedürfen.
Was war passiert? Die auslösende Situation konnte kaum frappierender sein. Der dänische Außenverteidiger des 1. FC Kaiserslautern Michael Schjönberg zog sich in Folge eines Zusammenpralls mit dem Bochumer Torhüter Thomas Ernst in der Saison 1998/99 eines Schien- und Wadenbeinbruch zu. In vielen Köpfen von Fußballfans der 90er sind diese Bilder nahezu eingebrannt und begleiten die Erwähnung des Namens Schjönberg bis heute. Neben dem persönlichen Schicksal sind es aber insbesondere die folgenden 5 Minuten, die Bundesliga-Geschichte geschrieben haben.
Nachdem klar wurde, dass Schjönberg nicht weiterspielen konnte, musste schnell Ersatz gefunden werden. Otto Rehhagel pfiff in seiner unwiderstehlichen Manier den Nigerianer Pascal Ojigwe herbei. Nun kommen in der Tragödie zweiter Teil die politischen Rahmenbedingungen ins Spiel. Die damaligen DFB-Statuten sahen vor, dass lediglich drei Nicht-EU-Ausländer gleichzeitig für eine Mannschaft im deutschen Profifußball auf dem Feld stehen durften. Eine etwas antiquiert wirkende weil verquere Logik, die damals jedoch gang und gäbe war. Otto Rehhagel entging jedoch in der Hitze des Gefechts, dass mit Hany Ramzy, Samir Ibrahim und Ratinho schon jenes Kontingent vollkommen ausgereizt war und der Nigerianer Ojigwe folglich nicht für den Dänen Schjönberg eingewechselt werden sollte. Da jedoch niemand König Otto auf dieses missliche Regelwerk hinzuweisen vermochte, vollzog er jenen Wechsel, der unwiderruflich zu einer Niederlage „am grünen Tisch“ führen musste.
Nachdem Ojigwe auf dem Platz stand, wurde Rehhahgel letztendlich doch noch auf die missliche Situation hingewiesen. Aber Otto wäre nicht Otto, wenn er nicht für jede noch so vertrackte Situation Mittel und Wege finden würde…
Was bleibt von der Geschichte? Schjönbergs Bein verheilte, Ramzy wurde an der Schauspielschule abgelehnt und Rehhagels Wechselfehler ging in die Annalen ein. Das Regelwerk des DFB wurde seitdem leicht modifiziert. Seit 2006 gilt die Regelung, dass es keine Beschränkung von Nicht-UEFA-Ausländern mehr gibt, jedoch muss jeder Verein mindestens 12 deutsche Lizenzspieler unter Vertrag haben beziehungsweise 8 bei einem deutschen Klub ausgebildete Spieler (in der 2.Bundesliga deren 4) beschäftigen. Vier beziehungsweise zwei davon müssen vom eigenen Verein ausgebildet worden sein. Diese Regelung wurde zugunsten der Jugendarbeit im deutschen Fußball getroffen als Reaktion auf die dürftige fußballerische Klasse der als Rumpelfußballer bekannt gewordenen Generation der frühen 200er Jahre.
Medial bleibt hauptsächlich dieser eine Satz des Moderators: „Harry Koch – deutscher gehts nimmer“.
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