Popularität, Mommsenstadion, Tradition – die Tennis Borussia aus Berlin verfügt über Strukturen wie wenige andere. Doch das Scheitern bei der Umsetzung der großen Ambitionen hat den Verein in den 90ern an den Abgrund geführt. Auf noch etwas wackeligen Beinen steht der Verein nun wieder in der Oberliga und benötigt nach der gut überstandenen Insolvenzanmeldung vor ein paar Jahren jetzt erstmal Ruhe und Kontinuität.
von Axel Diehlmann und Björn Leffler
Der Verein wurde am Abend des 9. April 1902 in einer Konditorei (bei Kaffe und Kuchen?) gegründet. Zwölf Sportbegeisterte kamen an jenem Abend zusammen und schlossen ihre beiden Clubs, die Berliner Tennis- und Ping-Pong-Gesellschaft und die Kameradschaftliche Vereinigung Borussia zu einem neuen Verein zusammen. Fast ausschließlich Studenten waren unter den Gründungsmitgliedern, welche im ersten Jahr des Bestehens lediglich Tennis betrieben. Jedoch waren sie sich schnell einig, auch eine Fußballabteilung zu eröffnen, da man Tennis im Winter eher schlecht als recht ausüben kann. Die relative Witterungsunabhängigkeit dieser Sportart verhalf dem Fußballverein Tennis Borussia Berlin auf die Beine.
Der sportliche Aufstieg begann. Schon in den 20er Jahren gehörte die Tennis Borussia zu den besten Mannschaften in Berlin. Die Lila-Weißen lieferten sich legendäre Duelle mit Hertha BSC um die Stadtmeisterschaft, und 1932 konnte die Borussia ihren ersten Berliner Meistertitel erringen.
Auf den großen Erfolg folgte jedoch das für TeBe nicht nur politische Desaster der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Rund ein Drittel der Vereinsmitglieder gehörten der
jüdischen Religionsgemeinschaft an. Sie traten aus dem Verein offiziell aus und kamen so dem politisch verordneten Vereinsausschluss zuvor.
Die Mannschaft musste dementsprechend aufgrund der politischen Entwicklungen neu strukturiert werden. Tennis Borussia Berlin erholte sich jedoch und wiederholte 1941 dank einem legendären 8:2–Sieg gegen Hertha BSC im entscheidenden Meisterschaftsspiel den Titel von 1932. Über den Zweiten Weltkrieg hinaus war Tennis Borussia erfolgreich und galt Anfang der 50er Jahre als unangefochtene Nummer 1 in Berlin.
Jedoch hatten zum Zeitpunkt der Einführung der Bundesliga Tasmania 1900 und Hertha BSC dem Verein den Rang abgelaufen, woraufhin diese als Bundesliga-Gründungsmitglieder Vorrang genossen. Auch wenn der Verein in der Folge nie wieder an die großen Zeiten anknüpfen konnte, so war es dennoch möglich, im Gegensatz zu vielen anderen Traditionsvereinen Berlins, sich in den oberen Ligen zu etablieren und zumindest ab und zu im Profifußball Fuß zu fassen. Mitte der 70er Jahre gelang sogar die Rückkehr in die Bundesliga, in welcher die Veilchen sich jedoch nur zwei Jahre behaupten konnten. Immerhin wurden Siege gegen Bayern, Bremen und Kaiserslautern eingefahren.
Trotzdem war der Gang in die Zweitklassigkeit letztendlich nicht zu vermeiden.
In den 80er Jahren stieg der Verein bis in die Oberliga ab und bis auf ein Jahr in der 2. Bundesliga versank die Tennis Borussia in der fußballerischen Bedeutungslosigkeit.
Dem sollte nach dem Fall der Mauer entgegengewirkt werden. Investoren waren gefunden (erst Jack White und dann die Göttinger Gruppe), das Geld sollte die Veilchen wieder in die Bundesliga zurückkehren lassen und dem Verein langfristig eine Spitzenposition in Berlin einbringen.
Jedoch wurden die großen Ambitionen nicht auf eine stabile Basis gestellt und der Aufstieg in die Zweite Bundesliga blieb der einzige nennenswerte Erfolg. Nach nur wenigen Jahren des sportlichen Aufstiegs fand sich die Tennis Borussia 2001 in der Oberliga wieder. Der Verein hatte sich verkauft, die Investoren stiegen aus und das Image hatte gewaltigen Schaden genommen.
Nach 8 Jahren Oberliga kehrten die Veilchen 2009 in die Regionalliga zurück. Doch die finanziellen Belastungen waren genauso groß wie die Ansprüche und sportlich war die Liga ebenso nicht zu halten. Der Verein musste aufgrund fehlerhaften Wirtschaftens die Insolvenz anmelden und versuchte den Neustart in der Oberliga Nord, was letztlich auch gelang.
Nach einer dürftigen Saison 2010/11 (das Team landete auf dem 14. Tabellenplatz) stürzten die Tennis-Borussen, nachdem sie in der Abstiegsrelegation am Drittletzten der Südstaffel, dem SC Borea aus Dresden, mit 0:1 und 1:2 n. V. gescheitert waren, zum ersten Mal in die 6. Liga ab.
In der Saison 2011/12 trat Tennis Borussia also in der Berlin-Liga an und sicherte sich drei mühsame Spielzeiten später, am vorletzten Spieltag der letzten Saison, mit einem 3:0-Sieg gegen den FC Internationale vorzeitig die Meisterschaft. In der Saison 2015/2016 tritt der Verein somit in der Oberliga Nordost an.
Was bleibt, ist die Tradition des Vereins sowie die sehr guten Trainings- und Spielbedingungen rund um das Mommsenstadion. Die Verantwortlichen der Borussia setzen heute alles auf die Konsolidierung des Clubs in der Oberliga und geben als Saisonziel den Klassenerhalt aus.
Tennis Borussia Berlin soll sich etablieren und infolge eines kontinuierlichen wirtschaftlichen und sportlichen Entwicklungsprozesses wieder konkurrenzfähig gemacht werden.
Dass der Verein in naher Zukunft jedoch wieder den Profifußball anstrebt, ist nicht zu erwarten. Am Mommsenstadion müssen auch in den kommenden Jahren noch kleinere Schritte geplant werden.
Aber auch die können bekanntlich ins Ziel führen. Dass es etwas länger dauern könnte, sollte die Lila-Weißen dabei nicht abschrecken.
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