Sag mir wo die Römer sind, wo sind sie jeblieben

Avatar von Björn Leffler

lazio-rom-6

Unser Gastautor Daniel Hasert besuchte im November die „ewige Stadt“ Rom und konnte sich einen Ausflug zu einem Serie-A-Match natürlich nicht verkneifen. Für uns hat er sein römisches Stadionerlebnis aufgeschrieben und bildhaft dokumentiert.

Text und Fotos: Daniel Hasert

Ein Ablauf, der zur Routine geworden ist: nach der Buchung eines Städtetrips wird sofort geschaut, ob der heimatliche Verein zur gleichen Zeit ein Heimspiel bestreitet So auch dieses Mal in Rom.

Da beide Römer Vereine sich ein Wohnzimmer teilen, standen die Chancen sehr gut. Und siehe da – der S.S. Lazio empfing den Genua CFC.

Die Karten? Die hole ich einfach vor Ort, dachte ich. Bei den bekanntlich niedrigen Zuschauerzahlen in der Serie A sollte dies kein Problem sein. So weit, so falsch. Tagestickets werden am Spieltag am Stadion nicht verkauft. Ich bekam den Tipp, Tickets in den so genannten „Tabacchis“ (italienische Tabak- und Zeitungskioske) zu kaufen. Nach sieben erfolglosen Versuchen und immer neuen Hinweisen, wo es Karten geben könnte, wurde mir langsam klar, warum in Italien niemand zum Fußball geht.

Die Lösung war ein kleiner Fanshop unweit des Vatikans. Gegen Vorabzahlung der Tickets und Angabe meiner Personalausweisdaten wurde mir im Gegenzug eine Visitenkarte mit den Abholbedingungen für den nächsten Tag ausgehändigt. Am nächsten Tag wünschte mir der Fanshop-Inhaber mit einem „Forza Lazio!“ ein schönes Spiel und gab mir die ersehnten Karten.

lazio-rom-5

lazio-rom-3

Nun konnte es losgehen. Mit dem Bus ging es zum Stadion. Dort galt es einen Marathon von Kontrollen hinter sich zu bringen. Allein die Übereinstimmung der Personaldaten auf dem Ausweis und den Tickets wurde dreimal kontrolliert. Daher – Hände weg von Schwarzmarkttickets und Ticketbörsen, wenn Ihr in Italien zum Fußball gehen wollt!

Eingebettet in das Foro Italico (ehemals Foro Mussolini) findet sich das in die Jahre gekommene Stadio Olimpico. Erbaut zwischen 1928 und 1938, zeigt das Gelände ein typisches Bild der damaligen Instrumentalisierung des Sports für die faschistische Ideologie des Herrenmenschentums. Der ein oder andere Gewaltschuss des Zahns der Zeit ist nicht zu übersehen. Eine langgezogene Allee aus Pflastersteinen, mit Grüßen an den „Duce“ führt zum weiten Rund, das nahezu 73.000 Zuschauern Platz bietet. Diese Zuschauerkapazität wird jedoch an diesem Sonntag bei weitem nicht ausgeschöpft. Gerade einmal 17.000 Zuschauer finden den Weg zum Duell des Tabellenvierten.

lazio-rom-2

lazio-rom-13

Diese gähnende Leere gehört mittlerweile zum alltäglichen Spieltags-Bild in den italienischen Stadien. Die vielen Trennungen der einzelnen Stadionbereiche und strengen Kontrollen zeigen das schwierige Verhältnis zwischen Fangruppen und eigenen Vereinen.

Unsere Plätze lagen im Bereich „Nord-Ovest“ und grenzten an den Bereich der treuesten Anhänger von Lazio Rom – der „Curva Nord“. Blaue Sitzschalen luden dazu ein, das Spiel inmitten der heimischen Anhänger zu verfolgen. Langsam füllten sich die Plätze und mit der obligatorischen Hymne („Vola Lazio Vola“) und dem Flug des Adlers wurde das Vorprogramm des Spiels abgeschlossen.

Lazio und Genua boten ein flottes Spiel. Stark auftrumpfende Gastgeber gingen bereits nach elf Minuten durch Felipe Anderson in Führung. Bis zur Halbzeit erspielten sich die Römer weitere Chancen, verpassten es jedoch, den Vorsprung zu erhöhen. Somit ging es mit einer verdienten 1:0-Führung in die Halbzeit. Während ich mir in der Halbzeit mit Wurst und Bier die gewohnte Stärkung gönnte, sorgten die italienischen Halbzeitgewohnheiten für Erheiterung. Mit einem kleinen Espresso wurde sich auf die zweite Halbzeit eingestimmt.

lazio-rom-4

Hälfte zwei nahm dann so richtig Fahrt auf. In der 52. Minute bestrafte CFC die fahrlässige Chancenverwertung der Römer und glich überraschend aus. Die prompte Reaktion folgte jedoch bereits fünf Minuten später. Nach einem berechtigten Foulelfmeter brachte Lucas Biglia  die Hausherren erneut in Führung. In diesem Moment konnte man  zumindest erahnen, welche Lautstärke bei ausverkauften Spielen möglich wäre.

Lazio spielte auch in der zweiten Halbzeit druckvoll und steigerte die eigene Effektivität. In der 66. Minute erzielte Wallace das 3:1 und sorgte für die Vorentscheidung. Heiterkeit machte sich in meinem Umfeld breit. Und der Frohsinn wurde noch gesteigert, in Minute 90 wurde es unruhig um mich herum. In das zufriedene Singen und Klatschen mischte sich ein immer lauter werdendes „oooooooooohhhhhhhhhoooooooo…!“.

Ein weiteres Highlight kündigte sich an. Vielleicht wird der Schlusspfiff erwartet mutmaßte ich. Nein,  es war das Gegentor des römischen Erzfeindes, das sich bereits herum gesprochen hatte und  nun seinen großen Auftritt auf der Anzeigetafel ankündigte. Aus der Bundesliga kennen wir die üblichen Lokalrivalitäten. Dass ein Gegentor des Stadtrivalen auf anderem Platz jedoch fast noch frenetischer gefeiert wird als ein eigenes Tor, fand ich sehr bemerkenswert.

lazio-rom-11

Kurz darauf wurde das Spiel abgepfiffen. Begeistert applaudierten die Fans ihren Helden und feierten einen gelungenen Fußballnachmittag. Die Leute strömten zufrieden aus dem Stadion und auch ich freute mich über einen doch recht gelungenen Besuch bei einem flotten Spiel, das zumindest sportlich alles bot, was das Fußballherz begehrt. Zusammen mit den übersichtlichen Massen strömte ich Richtung Bus und fuhr zurück in die Stadt.
Ich verabschiedete mich von einem Ausflug, der die vergangenen Zeiten der großen italienischen „Infernos“  in Ansätzen erahnen  ließ.

Bildergalerie:

lazio-rom-7
Gibt’s auch in Rom: echte Originale!

 

lazio-rom-14
Platzreservierung auf italienisch…

 

lazio-rom-12
Die treuesten Fans von Lazio stehen in der „Curva Nord“

 

lazio-rom-10
Auf dem Niveau von Hoffenheim: Die mitgereisten Fans von CFC Genua

 

lazio-rom-9
Nach dem Schlusspfiff: die Laziali feiern das 3:1 und ihre Mannschaft

 

lazio-rom-8
Wunderschön: das „Stadio Olimpico“ in der Abenddämmerung. Wer denkt da nicht an Andreas Brehme und summt leise „Notti Magiche“ vor sich hin…

 

Avatar von Björn Leffler

Eine Antwort zu „Sag mir wo die Römer sind, wo sind sie jeblieben“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

More Articles & Posts