Das Spiel der Berliner Hertha gegen den FC Bayern erhitzt noch immer die Gemüter. Sogar mein 88-jähriger Großvater mischte sich ein – und das soll schon was heißen…
von Björn Leffler
Als ich heute morgen den lächerlichen Versuch unternahm, das gestern im Stadion Erlebte bei einem entspannten Sonntagmorgen-Spaziergang zu verarbeiten (bzw. zu vergessen), klingelte plötzlich mein Handy. Nummer: „Anonym“. Ich nahm den Anruf an und vernahm die mir vertraute Stimme meines Großvaters.
„Ich muss jetzt einfach ‚mal mit jemandem darüber reden!“ bellte er ins Telefon. Und schon beim ersten Satz schwang seine Empörung mit über das, was sich am Vortag abgespielt hatte. Wenn sich mein Großvater einschaltet, zumal per Telefon (was ihm sonst völlig fremd ist), muss also etwas Bedeutsames passiert sein. Zuletzt telefonierten wir in der Halbzeitpause des WM-Halbfinales Brasilien gegen Deutschland 2014, beim Pausenstand von 0:5 aus Sicht der Gastgeber.
Mein Oppi meldet sich also wirklich nur dann, wenn es wirklich relevant ist. Und das war es nun aus seiner Sicht. „So macht man den Fußball kaputt! Ein absoluter Skandal!“ Ich konnte ihn gar nicht bremsen in seiner Wut über den mehr als späten Ausgleich der Bayern am Tag zuvor. „Ich bin mehrfach aufgewacht heute Nacht, weil ich mich so geärgert habe!“
Mein armer Opa, die Bayern bringen ihn um seinen – wohlverdienten! – Schlaf, so geht das wirklich nicht. Ich konnte natürlich nicht mehr, als ihm beizupflichten. Der ohnmachtartige Schock-Moment, der uns in der 97. Minute der Nachspielzeit ereilt hatte, war nur mit sehr wenigen Momenten der Verbitterung zu vergleichen, die wir als jahrzehntelange Hertha-Fans miterleben mussten.
Dennoch, es bleiben zwei Dinge festzuhalten. Der gestrige Tag war ein sportliches Highlight aus Berliner Sicht, und die Mannschaft in Blau und Weiß lieferte eine großartige Leistung gegen einen vermeintlich übermächtigen Gegner ab, vor einer großartigen Kulisse. Wir schauen noch einmal zurück auf das Bundesliga-Spitzenspiel und versuchen, das Geschehene mit Fassung zu tragen.
Das versucht wohl auch mein Großvater. Ich fürchte, mit wenig Aussicht auf Erfolg. Aber das sei ihm verziehen.
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