Ein Umbau des Olympiastadions oder gar der Bau eines neuen, reinen Fußballstadions für Hertha BSC scheint derzeit sehr unwahrscheinlich. Möglicherweise kann der Verein aber mit einer ganz anderen Variante ein attraktives Stadionerlebnis ermöglichen: mit mobilen Tribünen!
von Björn Leffler
Zur Stadion-Diskussion bei Hertha BSC haben wir in den vergangenen Monaten ja bereits zahlreiche Beiträge publiziert. Wir haben über einen möglichen Neubau schwadroniert, der von Michael Preetz und Werner Gegenbauer ins Gespräch gebracht worden war. Auch über einen möglichen, dauerhaften Umbau des Olympiastadions von einer Leichtathletikarena in ein reines Fußballstadion haben wir berichtet und das Beispiel West Ham United angeführt, die kürzlich genau diesen Weg gegangen sind.
Den Verantwortlichen von Hertha BSC ist bewusst, dass ein Umbau des Olympiastadions in eine reine Fußballarena vermutlich am Widerstand der Denkmalschützer scheitern würde. Schon beim Umbau des Olympiastadions zwischen 2000 und 2004 hatte der Verein Anforderungen gestellt, die vom Bundesamt für Denkmalschutz reihenweise abgelehnt wurden. Einer der wenigen Erfolge war die später weltberühmt gewordene und heute nicht mehr wegzudenkende blaue Laufbahn, welche die Denkmalschützer partout nicht zulassen wollten. Die Verantwortlichen von Hertha BSC hatten sich immerhin mit dieser Forderung durchsetzen können.
Der Weg zum reinen Fußballstadion ist also lang und beschwerlich, wenn er denn überhaupt umsetzbar ist. Für den Club gibt es allerdings eine Alternative, die bislang noch nicht bedacht worden ist, die in anderer Form aber derzeit in Darmstadt umgesetzt wird: die Errichtung einer mobilen, temporären Tribüne. Im baufälligen Stadion am Böllenfalltor lässt der Verein derzeit die erste von mehreren mobilen Tribünen errichten, die die Fans nicht nur näher ans Spielfeld heranbringen soll, sondern auch mehr Sitzplätze im Stadion schaffen wird, um die Anforderungen der DFL kurzfristig umzusetzen.
Über ausreichend Sitzplätze verfügt Hertha BSC im Olympiastadion selbstverständlich, nur mit der Nähe der Fans zum Spielfeld hapert es in der historischen Leichtathletikarena. Um zumindest die Fans der Ostkurve näher an das Spielfeld heranzuholen und Verein und Anhängern den so dringend benötigten Stimmungsimpuls zu geben (die kalten Winterheimspiele gegen weniger attraktive Gegner stehen in Kürze wieder an), wäre eine temporäre Tribüne, die bei Bedarf (ISTAF) abgebaut werden kann, eine gute Lösung.
Selbstverständlich ist es nicht mit einer simplen, unansehnlichen Lösung getan, wie sie derzeit in Darmstadt umgesetzt wird, wo eine Stahlrohrtribüne einfach vor eine verwitterte Kurve gesetzt wird, ohne auf ästhetische Aspekte Rücksicht zu nehmen. In Berlin hingegen stellen sich natürlich andere Anforderungen. Eine solche Stahlrohrtribüne müsste sich optisch und funktional in das bestehende Oval einpassen. Gleichzeitig müsste bei der Montage berücksichtigt werden, dass die Laufbahn nicht beschädigt wird. Diese wird zur Leichtathletik-Europameisterschaft, die 2018 im Olympiastadion ausgetragen wird, aber eh runderneuert.
Die mobile Tribüne müsste, um sich in das Oval einzufügen, im unteren Drittel des bestehenden Ranges ansetzen und über den Graben hinweg eine flache Traverse ans Spielfeld heranführen. So könnte der Verein seinen Fans erstmals auch „echte“ Stehplätze anbieten und die oberen Teile der Ostkurve sogar noch als attraktive, stimmungsvolle Sitzplätze vermarkten. Das könnte auch den Dauerkartenverkauf positiv beeinflussen. Das Gros der Fans würde auf die neuen Traversen ziehen – dichter heran ans Spielfeld, auf einer „echten“ Stehplatztribüne. Eine Vorstellung, die den Fans in der Ostkurve nicht einmal schmackhaft gemacht werden müsste.
Natürlich ist der erste Impuls häufig, solche Vorschläge als „unmöglich“ und „nicht umsetzbar“ zu deklarieren. Dass es in Stadien aber auch heute schon die kreativsten Varianten mobiler Tribünen gibt, ist ja kein Geheimnis. Auch West Ham United spielt in einem umgebauten Olympiastadion, welches in Teilen auf mobile Stahlrohrtribünen setzt. Warum sollte das dann nicht auch eine Variante für Hertha BSC sein?
Es sollte zumindest in Erwägung gezogen werden, Fans und Mannschaft näher zueinander zu bringen und das Stadionerlebnis bei Hertha BSC unter den gegebenen Möglichkeiten attraktiver zu gestalten. Herthas Vereinsführung hat unlängst damit begonnen, an einem neuen Image für den Verein zu arbeiten. Ein reizvolles Stadion wäre ein weiterer, wichtiger Baustein.
Wir haben unseren Vorschlag einmal visualisiert:
Im zweidimensionalen Aufriss ist zu sehen, wie die mobile Tribüne über den Graben hinweg in Richtung Spielfeld geführt werden könnte. Um trotz der flachen Traverse eine gute Sicht auf das Spielgeschehen zu ermöglichen, müssten die Stufen etwas tiefer als auf gewöhnlichen Tribünen konzipiert werden.
In der – sehr rudimentären – dreidimensionalen Darstellung sieht man, wie die mobile Tribüne ins Oval eingepasst werden könnte:
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