Geht’s raus und spielt’s Fußball – im Schnee!

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Text: Björn Leffler
Fotos: Daniel Jaeckel und Björn Leffler

Man soll ja nicht immer gleich die „Weicheier“-Karte rausholen. Aber jetzt mal ganz im Ernst. Warum fällt eigentlich überall gleich der Spiel- und Trainingsbetrieb aus, wenn es mal ein bisschen schneit? Und wir sprechen ja wirklich von ein bisschen Schnee. Heute Abend, spätestens am Sonntag, wird er wohl wieder weggeschmolzen sein.

Gut, aktuell ist ja eh Winterpause. Aber schon in den letzten Jahren war es so, dass Spiele und Trainingseinheiten sofort abgesagt wurden, wenn die Rasen- und Kunstrasenplätze der Stadt mit einer flauschig-fluffigen Schneedecke benetzt waren. Oder nur einer ganz dünnen Schicht.

Aber warum nur? Fußball im Schnee, das ist Grätschen ohne Schrammen, Fliegen ohne harten Aufprall, eine großartige – weil kraftraubende – Konditionseinheit im tiefen Weiß, und vor allem ist es: abenteuerlich. Und das ist jetzt gar nicht negativ gemeint, sondern vollkommen positiv.

Man kennt es doch nur zu gut aus der eigenen, bescheidenen Fußballerkarriere.Ein persönliches Beispiel: Es war 1996, ich spielte beim VfB Hermsdorf, C-Jugend-Match am Mittwochabend. Flutlicht. Dichte Schneedecke auf unserem Kunstrasenplatz an der Seebadstraße, und der Tabellenführer – ungeschlagen, Torverhältnis von +65 Toren, das Mittelfeld eine einzige Artistengruppe – war zu Gast. Das beste, was einem als technisch wenig beschlagene Mannschaft passieren konnte – und wir waren technisch mal überhaupt gar nicht beschlagen – war: Schnee.

Wie einst der FC St. Pauli (damals 3. Liga) in der Schneeschlacht vom Millerntor den SV Werder Bremen (damals noch Champions-League-Teilnehmer) im DFB-Pokal-Viertelfinale niederrang, wühlten und kämpften wir uns gegen die Favoriten durch den Tiefschnee, und holten in einem unserer besten Spiele einen 1:3-Halbzeitstand auf. Am Ende eines unvergesslichen Abends stand ein 3:3 und viele glückliche, rotbackige, schneeverschmierte Jungsgesichter.

Im gleichen Winter mussten wir mit unserer eingeschworenen Nahkampf-Truppe beim Lokalrivalen VfL Tegel in der Hatzfeldallee antreten. Und dieses Mal – heute würde die Partie nicht mal in die Nähe eines möglichen Anpfiffs kommen – lag der Schnee bereits vier Tage und war zu einer harten, hügeligen Eiskruste gefroren.

Wir spielten natürlich trotzdem. Wo wir schon mal da waren.

Und es wurde eine Derbyschlacht vom Feinsten, in der sich beide Teams aber auch wirklich gar nichts schenkten, wie immer in diesen Nachbarschaftsduellen. Da aus dem weichen Schnee nun leider hartgefrorenes Eis geworden war, wurden aus schwungvollen Grätschen auch schnell blutig geschürfte Knie und Oberschenkel. Wir spielten ja damals alle noch nach der „Abräumer“-Maxime. Wenn das Trikot nicht dreckig war, hatte man nicht genug Einsatz gezeigt. Vom eleganten, körperlosen Fußball der Löw-Özil-Götze-Ära waren wir Lichtjahre entfernt.Unsere Vorbilder hießen Dardai, Jeremies, Kohler.

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Die blutigen Wunden nahmen wir natürlich in Kauf. Und obwohl wir das Spiel damals knapp 2:3 verloren, kam nicht ein einziges Mal der Gedanke auf, dass Resultat auf die schlechten Platzverhältnisse zu schieben.

Ganz im Gegenteil. Wir genossen es. Wir wollten spielen, egal auf welchem Untergrund. Und dabei hatten wir auch keine Arjen-Robben-Gedächtnis-Strumpfhosen an. Und wenn beim Kopfball dann mal die Bommelmütze verrutschte oder gar verloren ging, war der Mitspieler schnell helfend zur Hand. Teamspirit 1.0. Fußball in Zeiten von Schnee und Eis. Schön war’s!

Also Handschuhe auf, Mütze gerichtet, und raus auf’s Feld! Fußball im Schnee ist genau das, was dieser Sport mittlerweile viel zu selten ist: unberechenbar. Und genau deswegen äußerst unterhaltsam.

 

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