Heute startet die Bundesliga in die Rückrunde. Zeit für Spekulationen und Angeberwissen. Der Panenka wagt eine Prognose für die großen und kleinen Geschichten der kommenden Monate.
Der FC Bayern München geht mit einem beruhigenden Vorsprung in die Rückrunde. Acht Punkte auf den ärgsten Verfolger wiegen die Münchener in Sicherheit. Nachdem die ersten Rückrundenspiele trotz schwacher Testspielergebnisse klar und deutlich gewonnen werden, bereiten sich die Bayern auf die wirklich wichtigen Dinge vor. Zum einen wäre da der erneute Versuch das CL-Halbfinale gegen Real oder Barca zu überstehen und zum anderen die vorzeitige Entlassung von Uli Hoeness. Ihm zu Ehren findet ein bajuwarischer Staatsakt statt, der das Oktoberfest in den Schatten stellt. Darüber hinaus gilt es Pep ein Lederhosen-Tattoo überzuhelfen. Vor lauter Verwirrung zwischen Festlichkeit und Konzentration auf den Europapokal versemmeln die Bayern, dass sie ja am Wochenende auch noch Bundesliga regulär mit voller Tatendrang spielen sollten und allmählich ziehen die Dortmunder an den Roten vorbei. Motzki Sammer tobt, kann den roten Tross jedoch nicht mehr einnorden. Bayern beendet die Saison mit der direkten Champions-League-Qualifikation, muss jedoch dem BVB beim Jubeln am Borsigplatz zuschauen.
Der BVB erlebt ein ambivalentes Frühjahr. Während in der Liga aus unergründlichen Konstellationen die Bayern nicht mehr im Fernglas zu betrachten sind, sondern plötzlich den Dortmundern im Nacken sitzen müssen, werden im Pokal und UEFA-Cup trotz zahlreicher Chancen die nächsten Runden nicht erreicht. Letztendlich hat das frühe Ausscheiden in den Pokalwettbewerben jedoch ein Gutes. Der BVB bleibt mit seinem engen Kader von Verletzungen verschont. Marco Reus spielt das erste Mal seit Jahren 20 Spiele hintereinander durch und Pierre-Emerick Aubameyang stellt mit 39 Toren nach 30 Spielen einen neuen Rekord auf, versemmelt aber mehrmals das 40. Tor. Gerd Müller bleibt unerreicht. Das Meisterschaftspendel schlägt mit einem 1:0 im Westfalenstadion gegen die Bayern allmählich nach Dortmund aus. Der Borsigplatz erlebt eine Party im Dauerregen.
Die Berliner Hertha erlebt nach der grandiosen Hinserie eine normale Rückrunde und etabliert sich im oberen Drittel der Tabelle. Nach einem kleinen Hänger im Februar und eng umkämpften Partien gegen die Mannschaften des oberen Mittelfeldes läuft die Hertha auf Platz sechs ein und feiert den Einzug in den Europapokal. Hertinho reißt sich das Kostüm vom Leib und Jürgen Röber offenbart damit seinen weiteren Lebensweg. Michael Preetz lädt seine ehemaligen Europapokalkollegen zur großen Sause ein. Sverisson, Wosz, Marcelinho und Voronin erzählen den Berliner Kindern Geschichten temporär glorreicher Zeiten und Gabor Kiraly eröffnet zur Feier des Tages im Olympiastadion eine Jogginghosen-Ausstellung. Im Zuge des Erfolgs erreicht der euphorisierte Pal Dardai mit dem ungarischen Nationalteam das Halbfinale der Europameisterschaft.
Borussia Mönchengladbach zieht nach der aufregenden Hinrunde zwischen Talfahrt und Höhenflug entspannt seine Kreise im oberen Tabellendrittel. Andre Schubert freut sich insgeheim, dass er sich nicht mehr in den VfL-Ausgehanzug für die Champions-League pressen muss und stellt einen Hoodie-Antrag an die UEFA für die kommende Spielzeit. Das wird auch nötig, da Gladbach sich erneut für die großen europäischen Aufgaben qualifiziert. Platz vier am Ende nötigt den Borussen vom Niederrhein eine kleine Freudenträne sowie Angsteschweiß ab. Der gespannte Blick auf die Auslosung der CL-Qualifikation verdirbt Max Eberl seine Verhandlungsposition. Xhaka, Wendt und Sommer schließen sich mittelklassigen Premier-League-Clubs an.
Bayer Leverkusen spielt eine starke Rückrunde und nimmt dennoch nicht die angestammte Position zwei ein. Auf Platz 5 für den UEFA-Cup direkt qualifiziert, bleibt genug Zeit im Sommer für eine gehörige Identitätskrise. Vizekusen? Wovon denn? Was bedeutet Vize im Kontext der letzten Jahre? Vize im Sinne des UEFA-Cups? Wie soll es weitergehen? Wer sind wir überhaupt? Rudi Völler zürnt angesichts der kollektiven Infragestellung, greift zum vereinseigenen Medizinschrank und ruft Christoph Daum an. Die Mannschaft kommt dann irgendwie verändert aus der Sommerpause.
Schalke 04 wird sich seiner Trostlosigkeit bewusst. Im Grunde ein starkes junges Team, kommt die Truppe einfach nicht in die Spur. Der Gute-Laune-Onkel Andre Breitenreiter ist bis zuletzt unsagbar stolz auf sein Team, auch wenn die mangelhafte Durchsetzungskraft auf dem Platz dem Verein den Anschluss an die Spitzenplätze kostet. Clemens Tönnies macht sich wurstbehangen auf in die Welt, um mal wieder einen großen Namen zu fischen. Da er keinen Spieler finden kann, der korrumpierbar genug ist, baggert er Christoph Daum an, das Team zu übernehmen. Der will natürlich voll gerne, fällt aber erneut durch den Drogentest. Breitenreiter freut sich derweil über die totale mediale Transparenz seiner Vereinsoberen, weil darin ja die notwendige Authentizität stecke. Letztendlich manövriert er sein Team auf Platz 7 und darf Jugend-forscht durch den Sommer begleiten.
Der VfL Wolfsburg wird der Königsmörder der Rückrunde. Die Geister von Grafite, Dzeko und Misimovic reinkarnisiert in Schürrle, Kruse und Draxler. Die Autostädter eilen allen Unkenrufen zum Trotz und zum Leidwesen aller Fußballfans von Sieg zu Sieg. Die Lösung für die Auswärtsschwäche der Hinrunde wird in der Bandenwerbung entdeckt. Fortan tuckern Dieselfahrzeuge des ortsüblichen Autoherstellers über die mediale Randerscheinung auch in fremden Stadien. VW bezahlt und die Grün-Weißen fühlen sich auswärts endlich wohl. Dieter Hecking führt seine Mannschaft auf Platz 3. Danach macht sich die Mannschaft auf Hersteller-Wiedergutmachungstour durch die USA und bleibt letztendlich für immer in Los Angeles als Show-Truppe. Lukrativ und besser für alle.
Die Mainzer und die Kölner streiten sich in der Rückrunde um den 8. Platz, der früher für den UEFA-Intertoto-Cup gereicht hätte. Christian Heidel und Jörg Schmadtke bewerfen sich im Februar mit Kamelle, Stöger und Schmidt streiten sich über Rottöne und die Mainzer stiebitzen den Kölner Geißbock und bringen ihn über die Grenze nach Rheinland-Pfalz. Ein regionalpolitischer Eklat, der die Mannschaften von Mainz 05 und dem 1. FC Köln von jeglicher Reflexion ihrer sportlichen Leistungen abhält und damit überraschende Konstanz ermöglicht. Platz 8 für Köln, Platz 9 für Mainz – der Geißbock wird im Sommer unbeschadet aus einem Hundezwinger in einer Kleingartenanlage befreit.
Der Hamburger SV. Eigentlich ohne Worte. Die Hamburger haben nach der Hinrunde 22 Punkte auf dem Konto und schielen nach der oberen Hälfte der Tabelle. Dennoch oder gerade deswegen geht es steil bergab. Nachdem Levin Öztunali den HSV im Derby das Fürchten lehrt, enterbt Uwe Seeler seinen Enkel und muss erneut um die Verfassung seines Hamburger Sportvereins trauern. Bruno Labbadia verbietet Lasogga die Lasagne, der nach akuter Abmagerung unter der zu großen Last seines Unterhemds mit Konditionsproblemen ab März in die Sommerpause geschickt wird. Aaron Hunt offenbart sich als Günther Guillaume des Fußballs und präsentiert die Werder-Raute auf seiner Brust. Die inneren Querelen drücken sich in einer sportlichen Talfahrt aus. Platz 16 ist abonniert und die Hamburger richten sich im Mai in einer Jugendherberge in Fürth ein. Die Relegation ist ohne sie halt nicht denkbar.
Der FC Ingolstadt 04, wohlgemerkt 2004, mauert sich auch in der Rückrunde zum Klassenerhalt. Mit gerade mal 20 Toren in einer Saison erreichen sie dennoch rekordverdächtig den 12. Platz. Die Partien werden ab März nicht einmal mehr von Sky in die Konferenz mit aufgenommen. Im Schatten der aufregenden Geschichten der Konkurrenz feilt Hasenhüttl an seinem taktischen Konzept, integriert aufstrebende Talente und überzeugt die Audi-Mitarbeiter doch zumindest einmal im Monat ins Stadion zu kommen. Der FCI bleibt dabei.
„Die Fuggerstädter der Augsburger Puppenkiste schocken Europa!“ Eine Schlagzeile, die nach Partizan Belgrad auch der FC Liverpool ertragen muss. Jürgen Klopp versucht zwar gebetsmühlenartig auf die taktische Brillanz der Mannen von Markus Weinzierl hinzuweisen, aber Henderson, Coutinho und Benteke wollen nicht hören. Der FC Augsburg erreicht das Viertelfinale des UEFA-Cups und scheitert letztendlich am SSC Neapel. In der Liga kann es kaum ruhigere Fahrwasser geben. Die Augsburger bestätigen die Form der späten Hinrunde und etablieren sich im Mittelfeld. Rang 10 ist dann für alle versöhnlich. Rückrundenbesonderheit: Raul Bobadilla versucht Jubelposen von Paul Gascoigne nachzustellen.
Der SV Darmstadt 98 hat die Halbwertszeit erreicht. Die Mannschaft der Verkannten erkämpft sich noch ein paar Pünktchen, muss aber der Konkurrenz den Vortritt lassen. Marcel Heller erkennt seine alte Liebe zur Frankfurter Eintracht wieder und verweigert sich seiner zeitweiligen Genialität, Sandro Wagner bricht sich das Bein beim Versuch eines Messi-Übersteigers und Marco Sailer versucht den Ball versteckt unter seinem Bart ins Tor zu tragen, dies wird aber entdeckt und führt zu einer langwierigen Regeldebatte, die im April die DFB-Zentrale erschüttert. Darmstadt wird leider nach unten durchgereicht und beendet die Saison auf Platz 18.
Eintracht Frankfurt und der VfB Stuttgart werden die Wundertüten der Rückrunde. Offensiv teilweise nicht zu bremsen, stellt sich hinten keine Stabilität ein. Die neutralen Zuschauer freuts, die eigenen Anhänger machts wahnsinnig. Armin Veh und Jürgen Kramny entwickeln neue taktische Konzepte, die aber wegen unzuverlässigen Ergebnissen jeweils nach drei Spieltagen wieder eingestampft werden. Kevin Großkreutz stellt einen Antrag an seinen neuen Verein, nur noch bei Auswärtsspielen im Umkreis von 100km von Dortmund teilnehmen zu dürfen. Der Antrag wird zwar abgelehnt, aber mit dem Maultaschenweitwurf findet der liebe Kevin eine neue Leidenschaft. Alex Meier trifft weiter wie er will, schafft es aber dennoch nicht mehr zum Torschützenkönig. Zumindest reicht es für beide Vereine unter anderem den HSV hinter sich zu lassen. Frankfurt und Stuttgart tauschen nach der Rückrunde ihre aktuelle Platzierung. Der VfBäääh wird 14. und die Frankfurter schließen die Saison knapp über dem Strich auf Platz 15 ab.
Werder Bremen spielt trotz düsterer Prognosen eine starke Rückrunde. Die Werder-Raute auf der Brust und dem Spielfeld ergeben ein kongruentes taktisches Gefüge, welches die Gegner verblüfft und die Frage aufwirft, welche taktischen Konzepte aus dem eigenen Vereinssymbol entworfen werden können. Die tagträumenden Gegner geben Punkt um Punkt im Weserstadion ab und Claudio Pizarro baut seine Torquote aus. Vestergaard, Ujah und Öztunali werden die prägenden Gestalten des kommenden Jahrzehnts. Eingeläutet wird dies mit Platz 11 im Sommer. Melvyn Lorenzen kommt ins Guiness-Buch der Rekorde mit einem Baguette, welches der gesamten Mannschaft die Weser-Überquerung ermöglicht.
Hannover 96. Adam Szalai trifft im ersten Spiel zum entscheidenden 1:0 gegen Darmstadt, Hannover fühlt sich auf gutem Wege und Thomas Schaaf wird als Messias des Nordens gefeiert. Danach geht es jedoch rapide bergab inklusive klassischer Schaaf-Ergebnisse (4:4; 2:5; 6:3). Der Weg von Hannover 96 führt in die zweite Liga, die aber als Chance zur Wiederherstellung einer Beziehung zwischen Fanszene und Verein genutzt wird. Die Ehrenrunde ist laut Panenka-Prognose jedoch kaum zu vermeiden.
Die TSG Hoffenheim möchte sich als graue Maus beweisen und erkennt, dass man dafür unbedingt ins untere Mittelfeld muss. Die Gier nach trister Normalität ist groß genug, um den Abstieg zu vermeiden. Hoffenheim wird letztendlich auf Platz 13 seinem Langeweile-Anspruch gerecht. Huub Stevens hat seine Mission erneut erfüllt und geht im Sommer erneut in Rente. Für drei Monate…
Und hier die Beweisführung in Zahlen. In wunderbarer Nerdy-Kleinstarbeit zusammengeklickt:
Platz | Team | Sp. | Pkt | Diff | Tore |
---|---|---|---|---|---|
1 | Borussia Dortmund | 34 | 85 | 50 | 78:28 |
2 | FC Bayern | 34 | 84 | 65 | 80:15 |
3 | VfL Wolfsburg | 34 | 68 | 23 | 54:31 |
4 | Borussia M’gladbach | 34 | 66 | 24 | 64:40 |
5 | Bayer 04 | 34 | 61 | 18 | 50:32 |
6 | Hertha BSC | 34 | 61 | 17 | 49:32 |
7 | FC Schalke 04 | 34 | 47 | -3 | 38:41 |
8 | 1. FC Köln | 34 | 44 | -7 | 31:38 |
9 | Mainz 05 | 34 | 39 | -12 | 35:47 |
10 | FC Augsburg | 34 | 38 | -8 | 37:45 |
11 | SV Werder | 34 | 37 | -18 | 32:50 |
12 | FC Ingolstadt | 34 | 34 | -21 | 20:41 |
13 | TSG Hoffenheim | 34 | 33 | -16 | 31:47 |
14 | VfB Stuttgart | 34 | 32 | -19 | 38:57 |
15 | Eintracht Frankfurt | 34 | 31 | -14 | 32:46 |
16 | Hamburger SV | 34 | 31 | -22 | 27:49 |
17 | Hannover 96 | 34 | 28 | -27 | 28:55 |
18 | Darmstadt 98 | 34 | 22 | -30 | 20:50 |
Sport frei!
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