Gerald Ehrmann ist eine Ikone des deutschen Torhüterwesen. Wir würdigen ihn zur 50-jährigen Teilhabe im deutschen Fußball.
Als ich das erste Mal von Gerry Ehrmann erfuhr, konnte ich mir nicht ausmalen, welche prägende Wirkung der gute Mann für mein mentales Hobby-Leben haben sollte. Er war lediglich der Torhüter der Roten Teufel vom Betzenberg und abgesehen von der rasanten Namensverknüpfung mit der in den 90ern grassierenden Joghurt-Werbung sorgte er auf dem Schulhof nicht für sonderlich viel Gesprächsstoff. Prägend für jene Jahre der großen Pause um halb 10, in der wir das Frühstückchen noch nicht kannten, waren auf der Torhüterposition vor allem Bodo Illgner, Andreas Köpke und der Jungspund Oliver Kahn. Es war die Zeit, in der Nationaltorhüter noch durch den Abstiegskampf und das graue Mittelmaß darin geschult wurden, Ambitionen zu entwickeln. Bodo Illgner wurde Stammtorhüter bei der WM 1994 in den USA trotz einer mittelmäßigen Saison mit dem 1. FC Köln. Sein Hauptkonkurrent Andreas Köpke hatte dem Abstieg des 1. FC Nürnberg nichts mehr entgegenzusetzen und fuhr als Nummer 2 in die Staaten. Der aufstrebende Oliver Kahn vom Karlsruher SC, der gleich einer Katze der Maus den Haken von JayJay Okocha nachjagte, rackerte sich damals Jahr für Jahr im oberen Mittelfeld der Tabelle ab. Von Titeln keine Spur. Im Tor der Bayern stand Raimond Aumann, die Bremer vertrauten auf „Pannen-Olli“ Oliver Reck, Eike Immel hütete immer noch das Tor des VfB Stuttgart und Stefan Klos war der Rückhalt der Dortmunder Borussia. Gerhard Ehrmann verhinderte derzeit Tore für den 1. FC Kaiserslautern und wurde 1991 mit den Pfälzern Deutscher Meister. Nach seinem Karriereende übernahm er den Posten des Torwarttrainers am Betzenberg und bildete seitdem mehrere Bundesligatorhüter aus.
Deckname „Tarzan“
Gerald Ehrmann wurde 1965 als 6jähriger von seinen Eltern beim TSV Tauberbischofsheim angemeldet. Im Alter von 18 Jahren wurde der 1. FC Köln im Jahr 1977 auf ihn aufmerksam und verpflichtete ihn als Ersatztorwart hinter Toni Schumacher (Deckname „Der Verrückte“). Gleich in der ersten Saison durfte Gerry das Kölner Double erleben und dementsprechend die erste Meisterschaft und den ersten Pokalsieg in seine Vita schreiben. 1983 folgte ein weiterer Pokalsieg mit dem 1. FC Köln, bevor es ihn 1984 auf den Betzenberg verschlug. In sieben Jahren in der Domstadt brachte er es lediglich zu zwei Bundesliga-Einsätzen. Genug Zeit sich mit Trainingsinhalten zu beschäftigen, den Körper im Fitnesstudio zu stählen und geistreiche Hobbys zu entwickeln. Gerry Ehrmann setzte in den Jahren sichtlich an Substanz zu und kam als Muskelpaket den Prozessionsweg zum Betze hochgestapft. Der Bodybuilder trug fortan den Spitznamen Tarzan.
Beim 1. FC Kaiserslautern wurde er Stammtorhüter und feierte zwei weitere deutsche Meisterschaften (1991 und 1998) und Pokalsiege (1990 und 1996). In den letzten Jahren wurden seine Einsätze seltener im Konkurrenzkampf mit Claus Reitmaier und Andreas Reinke. Allmählich konnte er sich folglich wieder der Trainingsarbeit widmen. 1996 wurde er Torwarttrainer des 1. FC Kaiserslautern und leistet seitdem vortreffliche Arbeit. Mehrere Bundesliga-Torhüter gingen durch seine Schule und wurden in Reflexen, Luftzweikämpfen und Körpersprache geprägt. Teilweise ging die Schulung offenbar so weit, dass Hobbys und Frisuren übernommen wurden. Wenn wir uns heutzutage an den Eskapaden von Tim Wiese erfreuen, dürfen wir nicht vergessen, wo der Junge herkommt. Auf diesem Weg möchte ich DANKE sagen, lieber Gerry! Für die hohe Kunst der Torwartschule verbunden mit der Sollbruchstelle des fußballerischen Limitiertheit. Lediglich bei Kevin Trapp ist dir da wohl ein Fehler unterlaufen. Der ist verwegen genug, weite Bälle präzise an den Mann zu bringen und selbst Rückpässe von Zlatan Ibrahimovic gefühlvoll zurückzulupfen. Aber da wäre dann zumindest Fritz Walter stolz…
Eine Auswahl der Torwartjünger des Gerald Ehrmann:
Roman Weidenfeller (ABC-Schütze von 1996 – 1998)
Kevin Trapp (ABC-Schütze von 2005 – 2008)
Tim Wiese (ABC-Schütze von 2002 – 2005)
Florian Fromlowitz (ABC-Schütze von 2004 – 2008)
Tobias Sippel (ABC-Schütze von 1998 – 2005)
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