Der Herbst ist unweigerlich in vollem Gange. Mit Beginn des Oktobers bereiten sich auch die letzten optimistischen Vertreter aus Flora und Fauna auf die dunkle und kalte Jahreszeit vor. Auch die Sport-Enthusiasten unter uns sehen sich mit den Herausforderungen der Winterzeit konfrontiert – körperlich und mental. Während man im September noch sommerlich beschwingt in die Realisierung der eigenen Zielsetzungen startete, kommt nun erstmal der Motor ins Stottern und die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit wächst oftmals. So ähnlich verhält es sich mit der Stimmungslage im professionellen Fußball, wo im Oktober nur allzu oft negative Frühbilanzen gezogen werden. Der Monat der sportlichen Tristesse steht an…
Der Oktober gehört neben dem Dezember, April und Mai zu den vier Monaten, in denen in der Bundesliga-Geschichte am öftesten die heißgeliebte Reißleine gezogen wurde. Ein Blick auf die Datenerhebung von statista.com verrät, dass in der Zeit zwischen 1963 und 2013 von 418 Entlassungen der Bundesliga-Historie 245 in diesen vier Monaten durchgesetzt wurden. Während die Neuausrichtung am Ende der Hinrunde oder der oft gerühmte Feuerwehreinsatz kurz vor ultimo scheinbar folgerichtige Entscheidungen zugunsten der Erfüllung der Mindestzielsetzungen sind, sind die Trennungen von der sportlichen Leitung im Herbst oft unrühmliche Momente des Eingeständnisses einer verfehlten Vereinspolitik.
Insbesondere trifft dies natürlich auf die Vereine zu, die nach einem misslungen Saisonstart im Keller der Tabelle festzustecken scheinen. In der aktuellen Saison gaben bereits mit Werder Bremen und dem Hamburger SV zwei Vereine seinen Trainern den Laufpass und stellten somit gleichsam die gesamte Kaderplanung und Vereinsausrichtung der sommerlichen Vorbereitung in Frage. In wenigen Wochen wurde da etwas über den Haufen geworfen, was offenbar für zumindest noch ein Jahr hätte halten sollen. Der Aktionismus hat jedoch in diesen Fällen seine volle Eigendynamik entfaltet, so dass die jeweilige Entscheidung alternativlos anmutete. Werder und der HSV stehen jedenfalls derzeit mitten im Neubeginn einer schon zwei Monate alten Saison. Darüber hinaus werden nun gerne weitere Namen gehandelt, die die Oktober-Statistik aufpolieren könnten. Ob nun Weinzierl, Kauczinsky oder Hecking: im kommenden Monat entscheidet sich, inwieweit die sportlichen Leistungen den Erwartungen des Vorstands entsprechen.
Weitere Tristesse-Erfahrungen müssen oftmals die Überraschungsteams des Saison-Starts erleben. Nach einem enthusiastischen Auftakt unter dem Schutzschild des Underdogs wird nun die Luft auf dem Platz rauher und allmählich dünner. Nach und nach rücken sich die Verhältnisse in der Tabelle wieder zurecht und die Außenseiter werden vom Klassenprimus wieder ins Mittelfeld geschickt. Der ganz große Schwung geht zugunsten eines gesunden Realismus flöten.
Auch bei den Vereinen, die oben mitmischen und international spielen, wird nun gerne auf gehobenem Niveau kritisiert. Nun geht es um die Implementierung der Philosophie der Trainer in die Strukturen der Mannschaft, die diese in den kommenden Monaten in Perfektion umzusetzen haben. Denn wer erfolgreich ist, der soll nunmehr auch brillant spielen und die Balance zwischen Offensive und Defensive müsste sich auch langsam einstellen angesichts der entscheidenden Wochen nach der Länderspielpause im Oktober. Überall Korrekturen wohin man blickt, sei es auf der Trainerposition oder auf der des linken Verteidigers und des Spielmachers. Es ist die Zeit des Aufstiegs einer neuen Generation bei gleichzeitigem aufgebauschten Abgang der Routiniers, die insbesondere nach großen Turnieren und Erfolgen als „überspielt“ tituliert werden und unters mediale Brennglas gerückt werden. Überall (potentielle) Krisenherde…
Es sind dabei meist die gleichen Diskussionen und Prozesse, die im Oktober zu beobachten sind. In einem Monat, in dem der Hauptteil der Fußballanhängerschaft aufgrund mangelnder Freizeitalternativen verstärkt die Berichterstattung der Medien verfolgt, wird einhergehend die öffentliche Meinungsbildung besonders dynamisch ankurbelt. Nach dem Sommerloch geht es nun zum einen um die Überprüfung der eigenen Illusionen und Wünsche und zum anderen um die kritische Reflexion des Erreichten und Erreichbaren. Und daher werden besonders in diesen Wochen gerne auch die ersten übergeordneten Krisenszenarien entworfen, wie beispielsweise die der Drohkulisse der spanischen oder schottischen Verhältnisse, die in der Bundesliga Realität werden.
Der Aufbau dieser Drohkulisse offenbart unseren Wunsch nach einem kontinuierlichen Wettbewerb auf Augenhöhe, gleichwohl wir uns über spanische Verhältnisse freuen könnten, denn die Primera Division ist sowohl in Qualität und Quantität der Bundesliga voraus. Aber insbesondere der kommende Monat wird diesen Wunsch wohl erneut ad absurdum führen. Sofern die Bayern im Oktober erneut ohne Punktverlust durch die Bundesliga gleiten, wird der verzweifelte Protest gegen die Langeweile wieder laut werden und die Saison wieder nur auf zwei bis vier Spitzenspiele reduziert und auf die große Sensation einer bayerischen Niederlage spekuliert. Dann wird angesichts der Langeweile auch wieder die internationale Konkurrenzfähigkeit der deutschen Spielklasse infrage gestellt aufgrund dürftiger Ergebnisse, die nicht den allmächtigen Anspruchshaltungen des deutschen Fußballs genügen. Überall enttäuschte Erwartungen…
Fernab jeglicher Titelentscheidungen geht es schon im Oktober gerne mal um Details, die erbarmungslos aufgearbeitet werden. Der Monat der sportlichen Tristesse ist in vollem Gange… Für einen kleinen Rückblick in eine bessere Welt empfehle ich euch den Artikel über den September – Der Monat der Verheißung.
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