Es muss erst der Herrgott einschreiten, damit es an einem Samstag mal wieder Bundesliga-Fußball wie in früheren Zeiten gibt. Am Ende müssen uns also die Kirchen vor dem modernen Fußball retten? Es scheint wohl so. Das ist allerdings kein Grund zur Sorge.
von Björn Leffler
Es ist manchmal dann doch sehr erstaunlich, welche Konstellationen dazu führen, dass die deutsche Republik von ihrem üblichen Trott abweicht und heilige – im wahrsten Sinne des Wortes – Ausnahmen macht. Die Ehrfurcht oder zumindest der Respekt vor christlich-religiösen Feiertagen ist noch immer so groß, dass ein Tag wie der heutige Karfreitag zum fußballfreien Tag erklärt wird.
Natürlich betrifft das nicht nur den Fußball. Am Karfreitag, dem Kreuzigungstag Jesu Christi, sind laute und fröhliche Veranstaltungen wie Disco- oder Tanzabende unerwünscht. Was bei vielen Menschen im Lande jedes Jahr wieder zu großem Unmut führt, schließlich fühlen sie sich in ihrer Freizeitgestaltung eingeschränkt. Warum sie überhaupt in den Genuss eines vier Tage währenden Osterfestes kommen, ist einem nicht unerheblich großen Teil der deutschen Bevölkerung aber gar nicht mehr bewusst. Jedoch gilt die Maxime: erstmal pöbeln, bevor man noch Gefahr läuft, nachdenken zu müssen.
Dass ein Tag wie der heutige ein Tag des Innehaltens und der Andacht, des stillen Gedenkens an den Kreuztod Jesus Christus ist, ein Freitag also, an dem man ein einziges Mal im Jahr nicht im Vollsuff um halb sechs nach Hause torkeln sollte, gilt vielen als infame Provokation der verhassten konfessionellen Institutionen. Dass sie der Kirche und der christlichen Prägung des Landes einen Großteil ihrer so geliebten Feiertage zu verdanken haben, wird achselzuckend hingenommen. Das ist auch völlig legitim, wenn dabei aber zumindest jene respektiert werden, für die das Osterfest mehr ist als Eiersuchen im Gartenstrauch: die Christen, für die Ostern das wichtigste Fest ihrer Glaubensgemeinschaft darstellt.
Und, liebe Fußballfans, Ihr profitiert ja am meisten davon. Denn aufgrund der Tatsache, dass am Karfreitag kein Bundesliga-Spiel ausgetragen wird, führt dazu, dass am morgigen Karsamstag gleich sieben Bundesligaspiele stattfinden, sechs davon zur allerbesten Zeit, nämlich um 15:30 Uhr. Ohne Karfreitag, ohne die Kirchen, ohne den Respekt vor der christlichen Tradition dieses Landes, gäbe es auch das also nicht mehr. Bis auf den 33. und 34. Spieltag, wohlgemerkt.
Sechs Spiele, die zeitgleich ausgetragen werden, da sind wir mittlerweile ja geradezu überfordert. Sind wir es doch längst gewohnt, dass sich ein Spieltag so lang zieht wie ein ausgelutschtes Kaugummi, von Freitagabend bis Sonntagabed, mit fünf unterschiedlichen Anstoßzeiten pro Wochenende. Den Kirchen sei also gedankt, ist man geneigt zu sagen. Ohne die seltenen Einflüsse der Religion würde der moderne Fußball sein perfides Spielchen noch ein klein wenig weiter treiben können, als er es ohnehin schon tut.
Freuen wir uns also einfach darüber, dass der heutige Tag – ob wir nun Christen sind, oder nicht – ein Tag der Ruhe und Erholung ist. Sehr schade ist, das sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass die Fußballfreiheit nicht auch für den Ostersonntag gilt, immerhin der Tag der Auferstehung. Denn – unabhängig davon, dass auch dieser Tag einer der heiligsten Tage der Christenheit ist – die Fußballfans würden jauchzen vor Glück: alle neun Spiele würden an einem einzigen Tag, dem Samstag – sozusagen dem heiligsten Tag der Gemeinschaft der Fußball-Gläubigen – stattfinden.
Das wäre doch für die Bewegung „15:30“ – die nahezu alle Fußball-Fans und Ultra-Gruppierungen des Landes eint und zu einer Art Glaubensgemeinschaft der deutschen Fußballgesellschaft avanciert ist – in etwa so, als würden Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen. Sozusagen.
Heute aber, heute wird kein Fußball gespielt. Morgen dafür umso mehr. Besser geht es doch eigentlich gar nicht, ob ich nun Christ bin, oder nicht. Oder?
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