Er steht mittags im Tor und sorgt des abends für kuschelige Momente. Der Teddy eines jungspündlichen Möchtegern-Podolski zeigte heute auf dem Tempelhofer Flugfeld sein ganzes Können…
High Noon auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Auf einem der zahlreichen Bolzplätze kommt es zum ultimativen Duell zwischen einem vierjährigen Jungen mit zu großem Fahrradhelm und seinem geliebten Teddy-Bär „Brauni“. Während sich der Junge den Plastik-Ball auf den gefühlten Elfmeterpunkt legt, wird der Teddy „Brauni“ von dem Vater des Jungen am Schlawittchen gepackt und verharrt schwebend auf der Torlinie – Auge in Auge mit seinem aufmerksamkeitsspendenen Kontrahenten. Der Junge läuft an, schießt und verfolgt gebannt wie der Ball in Richtung unteres Toreck rollt…. Wie von Sinnen springt jedoch Brauni mit einm entschlossenen Satz dem Ball entgegen und begräbt diesen unter seinm kuscheligen Körper. Brauni hat gehalten! Der Vater des Jungen jubelt lautstark: „Jaaaaa, Brauniiiii…. Wahnsinn“. Pure Emotion, die durch den Wind über das Flugfeld getragen wird.
Doch es sollte nicht bei diesem einen Versuch bleiben, Brauni zu überwinden. Der Spieltrieb war geweckt und so kam es zu einem regelrechten Elfmeterkrimi, bei dem Brauni ins Kreuzfeuer „Podolskis“ gesetzt wurde. Mehrere Schüsse konnte der Teddy in ähnlicher Manier parieren, bei anderen hatte sein knuddeliger Stoffkörper gegen die Abschlussqualitäten seines Spielgefährten keine Chance. Der Papa, der ihn unentwegt die Linie rauf und runter schmiss, verfolgte diese phantasievolle Episode seines Sohnen mit purer Leidenschaft und schrie inbrünstig jenachdem „Jaaaa, Brauni…. toll gehalten“ oder auch „Oh neeeein, Brauni…. fast… fast hättest du ihn gehabt“. Als Zuschauer fühlte man sich unweigerlich an die Radio-Reportagen von Herbert Zimmermann erinnert, der den Fußball der 1950er Jahre mit prägnanter Stimme begleitete. Nahezu ins kollektive Gedächtnis eingegangen sind seine Kommentare bezüglich eines anderen legendären Torhüters: „Turek, du bist ein Teufelskerl! Turek, du bist ein Fußballgott! Entschuldigen Sie die Begeisterung, die Fußballlaien werden uns für verrückt erklären…“ Brauni jedenfalls wurde heute mittag natürlich infolge von Glanzparaden sogleich mit Manuel Neuer verglichen. Der Ball indes dürfte sich geschmeichelt gefühlt haben so sanft vor dem Eintauchen ins Netz bewahrt worden zu sein. Brauni hielt die Bälle nicht fest, er streichelte sie aus dem Tor…
Heute beim Abendessen darf Brauni sicher von seinen Park-Erlebnissen berichten und wird dabei stillschweigend sich über die kindlichen Heldengeschichten freuen, die ihm durch den Jungen zugedichtet werden. Dafür muss er dann wohl auch über sich ergehen lassen, dass er erstmal in die Waschmaschine gesteckt wird, bevor er wieder der treueste Begleiter des vierjährigen Jungen ist – bis zu dem Zeitpunkt, in dem er von ihm selbst in die Ecke geschmissen und ignoriert wird. Dann wird er sehnsüchtig an die Momente zwischen den Pfosten denken, in denen er katzengleich dem Ball hinterherjagte und bei dem Jungen für Freudensprünge sorgte.
Axel Diehlmann
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