Au Revoir, Marcel Reif!

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Kommentatoren-Koryphäe Marcel Reif hat 2016 seine Karriere als Sportreporter beendet. So ganz ohne eine kleine Rückschau entlassen wir den umstrittenen Wahl-Schweizer selbstverständlich nicht in seinen wohlverdienten Ruhestand.

So richtig wird es einem vermutlich erst klar werden, wenn Ende Januar der erste Spieltag der Bundesliga-Rückrunde angepfiffen wird. Oder vielleicht erst etwas später im Februar, wenn das Champions-League-Achtelfinale ausgespielt wird. Reif, dessen Reporter-Stimme über Jahrzehnte genauso ominpräsent wie umstritten war, hat 2016 seine Karriere als Sportreporter beendet. Und das nicht ganz ohne Wehmut, wie er freimütig zugab: „Feuchte Augen auf dem Weg zum Auto mag es gegeben haben.„, so Reif in seiner ihm ganz eigenen Art.

Reif wurde gleichermaßen vererhrt wie verachtet, aber er war und bleibt unbestritten eine der markantesten und in jedem Falle herausragenden Figuren des deutschen Sportjournalismus. Zu seinen ganz persönlichen Highlights gehörte die Kommentierung des WM-Finals 1994 zwischen Brasilien und Italien sowie des mittlerweile legendären Champions-League-Endspiels 1997, bei dem er dem auf das Tor zustürmenden Lars Ricken von der Reporter-Kabine aus den entscheidenden Hinweis zurief: „Lupfen jetzt!“ Gesagt, getan: Ricken hob den Ball über den verdutzten Perruzzi ins Netz, entschied das Spiel und machte Borussia Dortmund erstmalig zum Europapokalsieger der Landesmeister. Reif entfuhr ein – für seine Verhältnisse geradezu unerhörtes – „Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa!“

Als ein knappes Jahr später in Madrid beim Champions-League-Halbfinale zwischen Real Madrid und Titelverteidiger Borussia Dortmund kurz vor Spielbeginn ein Tor umfiel und sich der Anpfiff um rund 75 Minuten verzögerte, lieferten er und Günter Jauch ein Stück deutscher Fernsehgeschichte ab. Um die Wartezeit zu überbrücken, gaben die beiden zahlreiche launige Anekdoten und bildhafte Beschreibungen zum Besten, mit denen sie die TV-Zuschauer bestens zu unterhalten wussten: die Einschaltquote war höher als beim später doch noch angepfiffenen Halbfinale. Jauch und Reif wurden für ihre Performance später mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet.

 

Vor allem in den letzten Jahren, als Reif ausschließlich für den Bezahlsender Sky kommentierte, wurden ihm von vielen Zuschauern schlechter Kommentierstil, Überheblichkeit und zunehmende Eitelkeit vorgeworfen. Dass er es deutlich besser kann, beweisen unsere Marcel-Reif-Lieblingszitate, die wir zum Abschied des Reporter-Giganten noch einmal aus dem Archiv gekramt haben. Au révoir, Marcel Reif!

 

In acht Minuten drei Tore, was können wir als Kassenpatienten mehr verlangen.

Die Schotten mit dem Brustring auf der Hose!

Die Tore fallen nunmal in der Nähe des Strafraums.

Je länger das Spiel dauert, desto weniger Zeit bleibt.

Fußball ist für die Italiener nur der zweite Nationalsport. Der erste ist, die Steuer zu behumpsen!“

„Die Spieler von Ghana erkennen Sie an den gelben Stutzen.“

„Ich darf als Reporter ja nicht parteiisch sein… ich will auch nicht parteiisch sein – aber… lauft, meine kleinen schwarzen Freunde, lauft!“ (bei einem WM-Spiel Kamerun gegen Argentinien)

 „Und dieser öffnende Pass brachte wieder 57 Zentimeter Raumgewinn!“

„Wenn Sie dieses Spiel atemberaubend finden, haben Sie es an den Bronchien.“

„Wenn die Hamburger jetzt in der Abwehr gut stehen und kein Tor mehr zulassen, werden sie auf jeden Fall nicht mehr verlieren.“ (bei einem Spiel des Hamburger SV, beim Stand von 1:0)

„Es gibt ja ein paar Teile am Körper, die möchte man ja noch mal verwenden können.“

„Noch nie hätte ein Tor einem Spiel so gut getan wie heute hier.“ (1998 in Madrid, als eben jenes Tor umgefallen war)

 

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