Über die unvermeidlichen Spielpausen während eines Turniers. Eine Anklageschrift, natürlich mit Verbesserungsvorschlag.
von Björn Leffler
Und dann saß ich da. Draußen summte ruhig der Feierabendverkehr vorbei. Jemand hupte. In der Küche köchelte eine Suppe. Ich saß vor dem Fernseher und zappte apathisch. Aber ich wusste ja, es würde sich nichts tun. Bereits am dritten Tag in Folge blieb die Übertragung der Europameisterschaft aus. Einfach so. Ersatzlos.
Spielpause.
Man kennt es ja aus den Jahren zuvor. Die Turniere starten überwältigend, mit einer kaum aufzunehmenden Zahl von Spielen und den dazugehörigen Sendungen, Analysen, Interviews und Hintergrundberichten, die im Überfluss an das Fernsehpublikum geliefert werden. Fußball rund um die Uhr, bis er einem zu den Ohren herausquillt.
Was einen zu Beginn des Turniers noch vor die quasi unmögliche Aufgabe stellt, alles überhaupt erfassen, aufnehmen und in die jeweiligen Tippspiele einfließen zu lassen, wird dann sehr schnell zur gewohnt-geliebten Turnier-Routine.
Dann aber, nach dem Abschluss der Vorrunde, zum ersten Mal der erste, kleine Nasenstüber: Spielpause. Ein oder zwei Tage, an denen plötzlich kein Ball durch die Stadien des Gastgeberlandes rollt. Ein Umstand, der einen erstmals etwas fremdeln lässt.
Aber meist geht es ja dann schnurstracks mit dem Achtelfinale weiter, so dass man gar nicht in die Nähe einer Mini-Depression zu geraten droht. Zumal das K.O.-System ja dann stets die wahren Leckerbissen eines Turniers hervorzaubert. Viele meinen dann immer, das Turnier gehe jetzt erst richtig los. Ich selbst empfinde es eher wie die zweite Portion Schlagsahne, die ich mir nachbestellt habe.
Dann allerdings, und es ist eben unvermeidlich, dünnt sich das Teilnehmerfeld eines Turniers und damit auch die Anzahl der Spiele spürbar aus. Zwischen dem Achtel- und dem Viertelfinale klafft dann erstmals ein großes Loch. Ganze drei Tage immerhin nun zwischen dem letzten Achtelfinale der Is- und Engländer am Montagabend und dem Aufeinandertreffen der Polen und Portugiesen heute Abend in Marseille.
Volle drei Tage ohne Fußball. Das sind immerhin 72 Stunden. Also 4.320 Minuten fußballlose Zeit. Und wir wissen alle, wie lang so eine Minute werden kann, vor allem wenn es die 94. ist und das eigene Team gerade mit Händen und Füßen eine knappe Führung über die Zeit wurschtelt.
Und es wird ja nicht besser, mitnichten. Nachdem die Viertelfinalspiele am Sonntagabend mit der Partie Frankreich gegen Island beendet werden, stehen dann wiederum zwei Tage ohne auch nur ein einziges Fußballspiel an. Nur um dann gerade mal zwei Halbfinalpartien zu bekommen. Und da es bei der EM ja kein Spiel um Platz 3 gibt, bedeutet dies automatisch, dass nach dem zweiten Halbfinale am Donnerstag, den 7. Juli, weitere zwei volle Tage fußballlosen Dahinvegetierens anstehen, bis dann endlich das Finale in Paris angepfiffen wird.
Was ich also damit sagen will: Man fühlt sich am Ende eines Turniers immer irgendwie betrogen. Aber von wem eigentlich? Der UEFA? Der FIFA? Dem Fußballgott? Dem Mann, der den Spielplan gemacht und vergessen hat, unterhaltsames Füllprogramm zu integrieren? Ja, von dem! Von diesem Typen!
Wäre es nicht beispielsweise eine Variante, an spielfreien Tagen die nicht qualifizierten Teams in Freundschaftsspielen gegeneinander antreten zu lassen? In den französischen Stadien, die es nicht in den elitären Kreis der Austragungsorte geschafft haben? So kann die UEFA, und daran ist sie schließlich immer interessiert, hier und da noch ein paar Extra-Euros verdienen. Es böte sich zudem an, einen eigenen Ball für diese Freundschaftsspiele herauszubringen. Aus Marketing-Sicht ein Knaller!
Da kämen so attraktive Spiele wie Holland gegen Liechtenstein zustande, beispielsweise. Oder Dänemark gegen Andorra. Und das im schönen Straßburg. Oder auch Nancy. Das ist doch immerhin besser als nichts, meine ich. Während ich diesen Vorschlag einmal verschriftlichen und an die UEFA senden werde, zähle ich die Minuten bis zum Anpfiff heute Abend.
Es sind noch exakt 225 Minuten. Und die werden lang. Sehr lang.
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